Oberhausen. Neue Serie: Lieblingsplatz. Nach der Familie des Landwirts ist in Schwarze Heide eine Straße benannt. Lieber hält sich der 46-Jährige aber in Emscher-Nähe auf.
Mit jedem Schritt vom Sterkrader Bahnhof in Richtung Hagedornstraße verwandelt sich der urbane Stadtteil immer mehr in ein ländliches Idyll. „Das ist meine grüne Oase“, sagt Hermann Hagedorn. Sein Hof liegt an der Hausnummer 109 – dort wo aus einer Straße ein kleiner Weg geworden ist. Auf der anderen Seite der Straße erstreckt sich eine grüne Wiese. „Wir haben das ganze Jahr Grün vor der Haustür“, sagt er.
Der Hof des 46-jährigen Agrarbetriebswirts liegt am Rande des Ortsteils Schwarze Heide. Aber sein eigentlicher Lieblingsort ist noch ein paar hundert Meter Luftlinie von seinem Wohnhaus entfernt. Es ist die Fahrradtrasse in der Nähe der Emscher. Von dort hat er einen weiten Blick auf seine eigenen Felder. „Ich genieße einfach den Ausblick von dem Radweg aus“, sagt Hagedorn.
Flächenfraß durch Baustellen
Der Ort ist sinnbildlich dafür, was er an diesem Teil des Stadtbezirks Sterkrade schätzt: „Wir haben hier alle Vorzüge der Stadt“, sagt Hermann Hagedorn „aber leben gleichzeitig im Grünen.“ Das könne heutzutage längst nicht jeder Städter von sich behaupten.
Und seine Oase wird auch allmählich kleiner. Betuwe-Baustelle und Emscherumbau schlucken ein paar Hektar von dem Land, das er bewirtschaftet. „Der Flächenfraß macht uns zu schaffen“, sagt er. Das sind die Nöte eines Bauern in der Stadt oder Dinge, wie Hermann Hagedorn sagt, die ihm „Zahnschmerzen bereiten“. „Heute fragt niemand mehr danach, was eigentlich mit dem Bauern ist“, klagt er. Viele seiner Sätze klingen so, als ob er über eine aussterbende Art spricht. Und fragt man ihn danach, ob seine drei Kinder den Hof eines Tages übernehmen wollen, dann schüttelt er den Kopf: „Dazu raten werde ich ihnen nicht.“
"Von hier aus bin ich mit dem Fahrrad ganz schnell am Rhein"
Ob es dabei bleibt, lässt sich heute wohl noch nicht sagen: Zehn, acht und fünf Jahre ist der Nachwuchs.
Und noch gibt es jenen Teil von Oberhausen, den Beton und Asphalt noch nicht erobert haben. Ein Teil, der daran erinnert, dass die Region einst ländlich war – vor der Industrialisierung. Und schon lange vor Kohle und Stahl betrieb die Familie Hagedorn dort Landwirtschaft. Das Bauernhaus, in dem Hermann Hagedorn lebt, ist 1902 gebaut worden. Der Stammbaum reicht bis zurück ins 15. Jahrhundert. Nicht umsonst trägt die Straße, an der der Hof liegt, den Namen Hagedorn.
Die Fahrradtrasse ist jüngeren Datums, aber sie bedeutet für den Landwirt ein Stück Lebensqualität, familiäres Glück und Heimat. „So komme ich ganz leicht aus der Enge der Stadt heraus, wenn ich es möchte“, sagt Hagedorn. Für ihn ist es eine der letzten grünen Ecken von Sterkrade. „Von hier aus bin ich mit dem Fahrrad ganz schnell am Rhein“, schwärmt er. Ein Grund, warum er mit der Familie auch häufiger Fahrradtouren auf der Strecke unternimmt. Das machen viele, aber Hermann Hagedorn kann dabei etwas beobachten, was andere nicht können. „Vom Fahrrad aus, da kann ich meinen Pflanzen beim Wachsen zusehen.“