Oberhausen. Roswitha Große-Vorholt schätzt die farblich geordnete Blütenpracht auch als „Garten der Erinnerung“. Denn viele Pflanzen sind Geburtstags-Geschenke.
Metallisch in der Sommersonnne schwirrende Libellen am Teich, jetzt in tiefen Blauviolett reifende Dornfelder Weintrauben an der Terrassenwand – und selbst im Winter lassen sich noch die gläsernen Lichtballons anknipsen. Für Roswitha Große-Vorholt wandelt sich ihr Reihenhausgarten in der Schwarzen Heide nicht nur mit den Jahreszeiten – sondern in 35 Jahren auch mit den Lebensabschnitten der Familie: „Erst pflegeleicht für Berufstätige, dann kindgerecht – und jetzt was Schönes für die Seele.“
Was sie so pointiert formuliert, hatten ähnlich auch andere Gärtner unserer Serie gesagt: Sie lernten erst nach und nach, den schönen Garten ganz entspannt zu genießen. Bei Roswitha Große-Vorholt war’s nach fast 40 Berufsjahren als Krankenschwester soweit. „Früher buddelte ich hier mit meiner Tochter Julia.“ Jetzt delegiert sie an ihren Mann. „Manni hat Kräfte wie ein Bär.“
Und sie hat die eingeflogene Natur im Blick: die Amseln, die im sanft plätschernden Brünnlein aus zwei steinernen Halbkugeln baden; die Spatzen, die lieber ganz hinten im Garten das kleine Fleckchen nackter Erde für ein Staubbad nutzen; die Meisen, die in der gelben „Villa Rebe“ ihren Nachwuchs aufziehen – und den gelegentlichen Reiher, der enttäuscht vom fischlosen Seerosenteich abzieht.
Wohl sortierte Farben für alle Jahreszeiten
Doch vor diesen Mußestunden galt es erst einmal, den Reihenhaus-Garten umzukrempeln: „Es war dunkel.“ Waren erst die verschattenden Lebensbäume im eigenen und in Nachbars Garten gefällt, „dann“, sagt Roswitha Große-Vorholt, „konnte ich nicht an mich halten“.
Heute bietet der kleine Garten, wohl sortiert, Farben für alle Jahreszeiten. Die Gärtnerin geht zum von der Terrasse aus noch unsichtbaren Beet der „Prärie-Blumen“ neben dem sonnengelb gestrichenen Gartenhaus. Auch die Blüten hier tragen die „Farben für den Herbst“, wie sie sagt: gelb und orange. „Je älter wir werden, desto mehr müssen wir Licht haben.“ Und dieser Garten leuchtet selbst in spärlicher Sonne.
Das gilt selbst für die hölzerne Terrassenwand im Schatten: Die dunklen Weintrauben sind voll, klein, rund – zum Malen schön. „Sehen lecker aus?“, meint Roswitha Große-Vorholt. „Die sind pottsauer.“ Sie kostet noch einmal – und korrigiert sich: Mit jeder Sonnenstunde legen auch die Trauben zu in diesem „Garten der Erinnerung“. So nennt sie ihn, weil viele Pflanzen als Geschenke zu Geburtstagen oder Jubiläen hier ankamen. „Unsere Freunde freuen sich, wenn sie sagen können: Das ist unsere Rose.“
„Am Absterben“ – und voller Früchte
Ein Relikt des „alten“ Gartens reckt sich noch hinter der Meisen-Villa etwas windschief in die Höhe. Nein, der schüttere Sauerkirschbaum ist keine Schönheit. Die Gärtnerin sagt sogar „er ist seit 35 Jahren am Absterben“. Dabei habe er auch in diesem Jahr wieder Früchte getragen „wie noch nie“. Wesentlich jünger, gerader im Wuchs – und erst so groß wie seine Besitzerin – ist der kleine Wildapfel am Gartenteich. Er verspricht „knallrote Früchte zu Weihnachten“.
Für Roswitha Große-Vorholt kann selbst der Winter noch Gartenzeit sein. Im Dezember verpasst sie dem gelben Gartenhaus ein Dekor aus Weihnachtsmädchen, Koniferen und Lampen. „Ein bisschen Kitsch muss sein.“ Warm eingepackt mag sie auch an hellen Wintertagen Sonne tanken. „Und im März bin ich schon ganz hibbelig.“ Aber das gilt wohl für die meisten Gärtner.