Oberhausen. Gewalt in Oberhausen war das Thema des aktuellen WAZ-Stadtgesprächs, zu dem Bürger ins Bert-Brecht-Haus eingeladen waren. Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier machte deutlich: Von 18 500 Straftaten sind 581 Gewaltdelikte. Die Opfer haben kein Verständnis für die Täter. Sie wollen deren Bestrafung.

Gewalt in Oberhausen war Thema des Stadtgesprächs am Montagabend. Gleich zu Beginn der Veranstaltung von Volkshochschule, WAZ-Oberhausen sowie Arbeit und Leben trug WAZ-Redaktionsleiter und Moderator des Abends, Peter Szymaniak, Polizeimeldungen der vergangenen Tage aus dem Lokalteil der WAZ vor. Ihr Inhalt: Gewalt. Ist Gewalt in Oberhausen also allgegenwärtig? Ist besonders Jugendgewalt ein Problem?

Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier verneint. Sie spricht von der objektiven Kriminalitätsrate und dem subjektiven Sicherheitsempfinden. Dann stellt sie zwei Zahlen gegenüber. Von 18.500 Straftaten im vergangenen Jahr waren 581 Gewaltdelikte. Das sei nicht viel, befindet die Polizeichefin.

Eltern haben großen Einfluss

Aber wie sehen das die Opfer? „Wer zum Opfer wird, leidet oft Jahre darunter“, erklärt Hannelore Weiß von der Opferorganisation Weißer Ring. Die Opfer hätten kein Verständnis für die Täter. „Sie wollen, dass sie bestraft werden“, sagt Weiß. Eine konsequente zügige Verurteilung der Täter wünscht schließlich auch einer der Teilnehmer des Stadtgesprächs. Und damit geht der Gast konform mit Ute Krämer, Abteilung Vorbeugung bei der Polizei. „Jungen Straftätern müssen schnell Grenzen aufgezeigt werden.“ Für all die Gesprächsteilnehmer, die zugeben, besonders im Dunkeln oft unsicher zu sein, hält Krämer den Tipp parat: „Wir können Ihnen sagen, ob Ihre Ängste berechtigt sind und Ihnen Tipps für Ihre Sicherheit geben.“

„Warum so viele junge Männer gewalttätig werden“, will ein Zuhörer wissen. Immerhin haben 70 Prozent der Männer aber nur 30 Prozent der Frauen diese Neigung zur Gewalt. „Wenn Sie als Kind immer nur von Ihren Eltern zu hören bekommen, mein Leben könnte so schön sein, wenn es dich nicht gäbe, entwickeln Sie nicht gerade Selbstvertrauen“, schildert Reiner Gall vom Jugendamt so eine Eltern-Kind-Beziehung, die das Kind geradewegs in die Depression führen müsste. Aber ist das Kind ein Junge, kommt der später als junger Mann, als ganzer Kerl also, mit Gewalt und Aggression besser klar als mit einer Depression.

Diese jungen Gewalttäter und Straftäter überhaupt will Werner Nakot, stellvertretender Leiter des Jugendkommissariates, jedoch nicht durchweg als verloren betrachten. Für sie gebe es Programme, etwa das Intensivtäterkonzept, bei dem die Jugendlichen unter strenger Beobachtung stehen. Was allerdings beängstigend ist: „Es werden immer mehr Kinder gewalttätig“, sagt Kerstin Wittmeier. In einem Jahr seien 220 Tatverdächtige noch nicht strafmündig gewesen.

Frühe Hilfen für Familien als Vorbeugung

Auf die Frage, was man in Oberhausen tun könnte, um Gewalt zu vermeiden, haben die Fachleute zahlreiche Antworten.

Reiner Gall vom Jugendamt fordert bessere Bildung, Schulabschlüsse für alle Jugendlichen, Lehrer, die den Umgang mit einem schwierigen Klientel lernen, Schulsozialarbeit. Und außerdem Angebote für Männer im Bereich häusliche Gewalt.

Auf eine frühzeitige Unterstützung von Familien, Schulabschlüsse und Sprachkompetenz auch für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund setzt Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier. Mit polizeilichen Maßnahmen sei das Problem nicht zu lösen.

„Mehr Mitarbeiter“ wünscht sich dagegen Hannelore Weiß vom Weißen Ring. „Wir sind zehn und betreuen in diesem Jahr 88 Opfer“, verdeutlicht sie.

Kommissar Werner Nakot hat einen ähnlichen Wunsch: „Wir sollten zumindest nicht noch weniger werden“, sagt er über sich und seine Kollegen, von denen viele in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen werden. Nakot sagt: „Wir arbeiten bei der Polizei schon jetzt zu 95 Prozent am Limit.“

Ute Krämer vom Kommissariat Vorbeugung setzt dagegen darauf, dass künftig mehr Menschen die Angebote ihres Kommissariates wahrnehmen und lernen, sich und andere zu schützen.