Oberhausen. . Die Debatte um den Ausbau der Straßenbahnlinie 105 von Essen zum Oberhausener Centro geht weiter. Ein Oberhausener Bürger stellt Fragen zum Projekt an die Stoag, die Werner Overkamp, Geschäftsführer des Oberhausener Nahverlehrsunternehmens, beantwortet. Ein Kostenrisiko sieht er zum Beispiel nicht.

Mit großem Interesse hat Andreas Gertz das Interview mit den Geschäftsführern des Oberhausener Nahverkehrsunternehmens Stoag in dieser Zeitung gelesen, in dem Werner Overkamp und Peter Klunk den Ausbau der Straßenbahnlinie 105 als absolut notwendig und bezahlbar beschreiben. Für Leser Andreas Gertz ergeben sich acht weitere Fragen, die ihm Stoag-Chef Werner Overkamp beantwortet hat.

Gertz: Wenn der Anschluss zwischen Essen und Oberhausen so wichtig ist, warum fährt nicht seit Jahren im Zehn-Minuten-Takt ein Bus zwischen Centro und Frintrop?

Werner Overkamp: Mit der Ansiedlung von Dienstleistungsunternehmen und Gewerbetreibenden entlang der Linie 105 – insbesondere im Bereich des ehemaligen Stahlwerksgeländes – und der deutlichen Verkürzung der Reisezeit (u.a. zwischen Sterkrade, Centro und zentralen Punkten in Essen wie Berliner Platz) ergeben sich deutlich höhere Fahrgastzahlen. Diese rechtfertigen einen Zehn-Minuten-Takt mit der Straßenbahn zwischen Essen und Oberhausen.

Warum ist der Zehn-Minuten-Takt zwischen Sterkrade und Centro nicht schon jetzt durch zusätzliche Straßenbahnen möglich?

Overkamp: Der Einsatz von zwei zusätzlichen Straßenbahnen ausschließlich für die Linie 112 nach der Hauptverkehrszeit ist zurzeit wirtschaftlich nicht zu vertreten.

Die Linie 105, die von Essen kommt und das Centro und Stahlwerksgelände andient, hat abwechselnd einen Endpunkt am Hauptbahnhof oder in Sterkrade. Damit wird das Centro wieder im Zehn-Minuten-Takt angefahren.

Woher sollen die 8000 zusätzlichen Fahrgäste kommen und wohin fahren sie? Handelt es sich beim Straßenbahnbau um eine versteckte Subventionierung des Centro?

Overkamp: Heute sind bereits große Pendlerströme zwischen Sterkrade, Oberhausen und Essen vorhanden, die sich durch die verbesserte ÖPNV-Anbindung noch erhöhen lassen, bzw. es finden Verlagerungen vom Kraftfahrzeugverkehr zum ÖPNV statt. Die weiteren zusätzlichen Fahrgäste kommen aus der Weiterentwicklung des ehemaligen Stahlwerksgeländes.

Bei einem nachhaltig hochdefizitären Unternehmen wie der Stoag können 400.000 Euro Betriebskosten für die neue Bahn nur bedeuten, dass das Defizit woanders eingespart werden muss. Wird deshalb das Liniennetz weiter ausgedünnt?

Overkamp: Zunächst ist festzustellen, die Stoag ist kein defizitäres Unternehmen, sie erhält vielmehr, wie es im ÖPNV-Bereich in Großstädten und Ballungszentren Praxis ist, durch die Kommunen einen Ausgleich für Leistungen, die nicht wirtschaftlich erbracht werden können, etwa am Wochenende und im Spätverkehr sowie für die Vorhaltung der Infrastruktur. Die Linie 105 wird gerade dazu beitragen, dass der ÖPNV in Oberhausen attraktiver wird und Buslinien davon profitieren, da sie mehr Fahrgäste erhalten. Sie sind daher in ihrem Bestand und den Taktzeiten durch den Betrieb der Linie 105 nicht gefährdet.

Auch die 68 Millionen Euro Bundeszuschuss stammen aus Steuergeldern. Wäre ein Verzicht auf die Bahn nicht eine Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung?

Overkamp: Die 68 Millionen Euro durch Bund und Land sind Mittel, die aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz stammen und dem ÖPNV zufließen müssen. Wenn sie nicht in Oberhausen verwendet werden, kommen sie anderen Projekten in Deutschland zugute.

Aktuelle Beispiele wie die Kölner U-Bahn oder Elbphilharmonie zeigen, dass der Kostenplan öffentlicher Aufträge nicht annähernd eingehalten wird. Wer würde die Oberhausener Mehrkosten aufbringen?

Overkamp: Die Planung ist solide erstellt und wir sehen kein Kostenrisiko bei der Realisierung. Falls es jedoch zu Mehrkosten kommt, wovon nicht auszugehen ist, kommen hierfür auch zu 85 Prozent Bund und Land auf, wenn diese gerechtfertigt sind. Dann müssen Finanzierungsänderungsanträge gestellt werden.