Oberhausen. Freitagsabends teffen sich auf dem Parkplatz des Fachmarktzentrums Sterkrader Tor in Oberhausen Anhänger der Tuning-Szene. Der Hobby-Treff sorgt für viel Unmut, Anwohner klagen über Lärmbelästigung. Ein Teilnehmer will nun Vorurteile und Kritik der Bevölkerung ausräumen.

In dem fahlen Kunstlicht des Parkplatzes stehen Dutzende Autos. Manche fallen schon von Weitem auf, mit ihren blauen Lichtern im Innenraum, den auffälligen Lackierungen oder gar nach oben stehenden Flügeltüren.

Vor den Parkboxen stehen junge Männer, auch Frauen. Es wird miteinander geflachst, aus einzelnen Kofferräumen dringen Bässe, aus Auspuffen vorbeifahrender Autos oft röhrende Motorgeräusche.

Aufmerksam werden Fotograf und Reporterin beobachtet. Ob jemand Marvin kenne? „Welchen Wagen fährt er denn?“, wird immer wieder zurückgefragt. Klar, dass ein Vorname hier nicht weiterhilft.

Früher nannte man sie Schrauber

Es ist Freitagabend, kurz nach 21 Uhr. Wenn der letzte Supermarktkunde mit seinem Familienauto das Fachmarktzentrum Sterkrader Tor längst verlassen hat, treffen sich hier die Anhänger der Tuning-Szene. Autoschrauber hat man sie früher mal genannt, Leute, die hobbymäßig ihr Auto technisch oder optisch verändern.

Am Sterkrader Tor sorgt dieser Hobby-Treff für viel Unmut. Auf den jüngsten Bericht, in dem Anwohner über Lärmbelästigung klagten, auch Autorennen angesprochen wurden und der Eigentümer des Fachmarktzentrums Verkehrshindernisse am Parkplatz ankündigte, meldete sich deshalb Marvin: Er will Vorurteile und Kritik der Bevölkerung ausräumen.

Der weiße Golf 7 des 20-Jährigen steht abseits des Getümmels, daneben der rote Golf 2 seines Freundes Chris. Später kommen noch Nico und zwei Freundinnen dazu. Seit zwei oder drei Jahren treffen sie sich freitags in Sterkrade, früher mit Mofas, heute mit Autos. „Man parkt, redet, zeigt was am Auto, fragt andere um Hilfe oder Rat. Das ist alles“, sagt Marvin. Keine Rennen, kein Gequietsche. „90 Prozent von uns verhalten sich ruhig.“

Zu Unrecht verfolgt fühlen sich die jungen Leute, die die immer größere Gruppe um Marvin ausmachen. „Wir sind ja hier keine Asis oder so“, sagt einer.

Kein Verständnis für die Kritik

Marvin grenzt sich ab von den Prahlern, die mit ihren aufgemotzten Wagen protzen wollen: „Die heizen, damit alle mal sehen, was sie für ein Auto fahren. Solche Leute kommen meist von außerhalb.“ Verständnis für den Ärger der Anwohner haben die zwei jungen Frauen in der Runde nicht: „Sie wohnen an einer Hauptstraße, neben einer Autobahn und klagen über Lärm?“ Marvin schlägt vor: „Statt hier teure Hindernisse aufzustellen, könnte man für uns doch die Brachfläche am Brammenring aufbereiten.“

Auf dem Bordstein neben dem orangefarbenen BMW E38 mit den Flügeltüren sitzt eine junge Frau. „Mich würde der Krach auch nerven, ich kann die Anwohner verstehen“, sagt sie. „Wir wollen hier nur sitzen und quatschen.“

Aus Essen kommt der BMW, um den Männer in Jeans und Blaumann stehen. Auf den Wagen angesprochen zeigen sie auf die junge Frau mit Tattoo am Bein und kleinem Hund. „Fünf Wochen haben mein Mann und ich abends nach Feierabend daran gearbeitet“, sagt sie.

Macht eine Schranke an den Parkplatz und nehmt Eintritt

Campingstühle stehen zwischen zwei Autos aus Düsseldorf und Oberhausen, auf denen der Name „Free Style NRW“ klebt. „So haben wir unseren Club genannt“, sagt ein Mitt-30er aus der Gruppe.

Der Feierabend-Treff mit Kaffee und Cola macht sich lustig über die Prollos der Tuning-Szene. „Trotzdem werden wir mit denen in eine Schublade gesteckt“, bedauert einer mit gepiercter Lippe und weißem Pulli. Er schlägt vor: „Macht eine Schranke an den Parkplatz und lasst jeden einen Euro Eintritt zahlen.“

Verständnis für die Anwohner haben sie alle. „Aber wenn der Platz hier geschlossen würde, würde uns etwas fehlen“, sagt eine blonde Frau, denn er liege zentral, sei gut angebunden und groß genug.

Im Übrigen seien nicht alle Anwohner gegen den Treff, berichtet einer: „Es kam mal ein junger Mann zu uns, dessen Vater eine Unterschriftenliste gegen unseren Treff unterzeichnet hatte. Er brauchte Hilfe mit seinem Wagen. Haben wir natürlich gemacht, dafür sind wir da und uns macht so etwas Spaß.“