Oberhausen. Weil sie angeblich zur Tuner-Szene gehöre, wurde einer Oberhausenerin das Parken am Sterkrader Tor untersagt. Man drohte sogar mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Auch wenn die Frau völlig unschuldig ist: Ein Sicherheitsdienst erfasst alle Autos, die sich “im Dunstkreis“ der Szene aufhalten.

Jana Czichon staunte nicht schlecht, als ihr ein Brief der Hahn Gruppe ins Haus flatterte. Darin sprach das Management des Sterkrader Tors ein Parkplatzverbot für ihren Wagen aus. Der Vorwurf: Sie gehöre zur Auto-Tuner-Szene und sei an dem Fachmarktzentrum durch „ruhestörenden Lärm, Verunreinigungen und Verstöße gegen die Verkehrssicherheit“ aufgefallen. „Ich war schockiert“, sagt die 22-jährige Oberhausenerin, die alle Anschuldigungen bestreitet. „Ich habe mit den Tunern nichts zu tun.“

Wenn sich die Szene mit heulenden Motoren und quietschenden Reifen trifft, brät die junge Frau Hamburger und schenkt lächelnd Limonaden aus. Um ihr Azubi-Gehalt aufzubessern, arbeitet sie nämlich am Wochenende in einem Schnellrestaurant des Zentrums. Sie übernimmt Spätschichten und fährt mit ihrem VW Golf zur Arbeit. Abends kann sie ihn oft nur auf dem besagten Parkplatz abstellen. Das sei ihr erlaubt und mit ihrem Chef abgesprochen. Zudem ist ihr Wagen kein Männertraum mit blitzendem Chrom und glänzendem Lack, auch der Motor ist nicht aufgemotzt – ihre Eltern nennen den Golf manchmal sogar ein „Opa-Auto“.

Platzverbot sei unberechtigt

„Ich verstehe überhaupt nicht, wie man mein Auto mit den Tunern in Verbindung bringen kann.“ Dass diese sich um ihren parkenden VW herum versammeln, dafür könne sie ja nichts. Daher hält sie das Platzverbot für unberechtigt. Entsetzt habe sie, dass das Management in dem Schreiben, das an ihren Vater, den Fahrzeughalter, adressiert ist, gleich mit einer Anzeige drohte: Sollte sie ihren VW Golf noch einmal auf dem Parkplatz abstellen, werde man dies als Hausfriedensbruch werten.

Sie hatte aber Glück: Mit einem Anruf ließ sich die Hahn-Gruppe überzeugen, dass sie keine Tunerin, sondern eine Restaurant-Mitarbeiterin ist. Das Problem schien gelöst. Auch schien es am Parkplatz ruhig geworden zu sein, weil sich die Tuner-Treffen verlagert haben sollen. Aber zu früh gefreut.

Dauerbeschwerden seit Sommer

Kürzlich folgte ein zweiter Brief der Hahn-Gruppe. Erneut wird Czichon das Verbot ausgesprochen, wieder wird ihr mit Anzeige gedroht. Hilfesuchend hat sie sich jetzt an die NRZ gewandt. Die Redaktion fragte bei Zentrumsmanager Joachim Klinker (Hahn Gruppe) nach.

Er wisse nichts davon, dass sich die Tuner-Szene vom Sterkrader Tor verabschiedet habe. Seit Sommer seien ungebrochen Beschwerden bei ihm eingegangen „Unsere Mieter haben sich durchgehend über Lärm und Müll beklagt, und einige Kunden, vor allem Damen, kommen abends nicht mehr, weil sie ein mulmiges Gefühl haben.“ Daher sehe man sich gezwungen, hart gegen die Tuner durchzugreifen und erteile besagte Verbote.

Aus Sicht der Polizei ist das Sterkrader Tor hingegen längst kein problematischer Ort mehr, so Behördensprecher Tom Litges. Seit Juli habe es dort nur sieben Einsätze gegeben, davon sechsmal wegen Ruhestörung. „Der fließende Verkehr war aber teilweise lauter als das Treiben auf dem Parkplatz.“

Manager Klinker räumt ein, dass es seit diesem Monat schon weniger Lärm und Dreck gegeben habe. „Die Briefe haben bereits gefruchtet“, findet er. Die angedrohten Anzeigen seien deshalb nicht nötig gewesen. Für ihn ein weiterer Beweis, dass die Verbote wirken.

Maßnahme trifft auch Unschuldige

Der Manager gesteht jedoch ein, dass die Maßnahme auch Unschuldige wie Czichon trifft. Denn ein Sicherheitsdienst erfasse jedes einzelne Fahrzeug, Auto wie Motorrad, das sich im „Dunstkreis der Szene“ aufhält. „Nicht jeder, der dazugehört, fährt schließlich ein aufgemotztes Auto.“ Inzwischen rechnet Klinker allerdings damit, dass die Tuner erst wieder im Frühjahr, wenn das Wetter erneut schön wird, zum Problem werden – traditionell versammelt sich die Szene um Ostern am Sterkrader Tor.

Zumindest für Jana Czichon nimmt die Sache aber ein gutes Ende. Joachim Klinker hat ihr versprochen: „Das Parkplatzverbot nehmen wir natürlich sofort zurück – auch schriftlich.“