Oberhausen. . NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) warnt Unternehmen vor den Folgen zu weniger Azubi-Plätze. Bei seiner Stippvisite in Oberhausen lobt er die feste Ausbildungsquote, die die Firma Fitscher für sich festgelegt hat: Azubis sollen zehn Prozent der Belegschaft ausmachen.

Vor dem Hintergrund der hohen Anzahl fehlender Ausbildungsplätze in Oberhausen nimmt NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider die Unternehmer ins Gebet: „Es ist in ihrem eigenen Interesse, junge Menschen auszubilden, um anstehenden Engpässen bei qualifizierten Fachkräften entgegenzutreten“, sagte Schneider bei einem Besuch in der Alt-Oberhausener Metall- und Eisengießerei Ed. Fitscher GmbH & Co. KG. Er warnt: Auszubilden, das sei wichtig für die Zukunft eines Betriebs.

Die über 110 Jahre alte Firma mit einer fest in der Unternehmensphilosophie vorgeschriebenen Ausbildungsquote von konstant zehn Prozent lobte Schneider über den grünen Klee. „Der Erfolg dieses Unternehmens zeigt, wie innovativ mittlerständische Firmen sein können und wie wichtig gut ausgebildeter Nachwuchs ist.“

830 Jugendliche ohne Lehrstelle

In Oberhausen sind über 1300 junge Menschen ohne Job – die Jugendarbeitslosigkeit ist seit Jahren eines der größten Probleme in dieser Stadt. Allein in diesem Jahr sind nach jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit über 830 Jugendliche und Schulabgänger ohne eine Lehrstelle.

Demgegenüber gab es allerdings laut Arbeitsagentur zuletzt über 400 unbesetzte Lehrstellen in Bereichen, für die sich junge Leute offenbar nicht interessieren. Schneider mahnte Schulabgänger zu mehr Flexibilität: „Sie müssen in doppeltem Sinne mobiler sein und sehen, was neben ihrem Traumberuf angeboten wird, und zwar über die Stadtgrenze hinaus.“

Den Druck erhöhen

Einerseits droht ein Fachkräftemangel, andererseits gibt es zu wenig Ausbildungsstellen. Wie kann das sein? Sind die Unternehmer einfach nur zu bequem oder zu blöd, um die Risiken, die sich für sie mittel- bis langfristig daraus ergeben, zu sehen und darauf zu reagieren? Das wäre zu einfach gedacht.


Natürlich ist es richtig, diejenigen zu kritisieren, die das Ausbilden lieber anderen überlassen und stattdessen gerne Fachkräfte von außen einstellen. Die Unternehmerverbände könnten hier bestimmt mehr tun und selbst den Druck auf ihre Schwarzen Schafe erhöhen.

Doch muss man auch klar sehen, dass es Jugendliche gibt, denen die Ausbildungsfähigkeit fehlt. Sie haben keinen oder nur einen schlechten Schulabschluss. Die Zeiten, als es für diese Personengruppe einfache Arbeitsstellen gab, sind vorbei. Für eine qualifizierte Ausbildung fehlen ihnen aber die Voraussetzungen.

Daher muss hier angesetzt werden. Das Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ist lobenswert. Gut, dass die Stadt Oberhausen mitmacht. Schulen und Wirtschaft müssen kooperieren. Verantwortlich sind aber auch noch andere: Sie, liebe Eltern. Sie müssen sich kümmern.

Stefan Michel, Geschäftsführer von Fitscher, beklagte trotz der guten Quote von rund 100 Bewerbungen auf Lehrstellen im Unternehmen, einen Mangel an direkten Schulabgängern unter den Anwärtern: „Mir fehlen 16-Jährige mit Haupt- oder Realschulabschluss, die ein Handwerk oder einen kaufmännischen Beruf lernen wollen.“ Diese seien enger an den Bedürfnissen des Betriebs auszubilden und zu fördern. Absolventen der Berufskollegs seien hingegen in weiten Teilen bereits vorgeprägt.

Unternehmen müssen mehr für sich werben

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Essen relativiert die Angaben der Bundesagentur zur Lage der Lehrstellen in Oberhausen. „Nicht alle Unternehmen melden dort ihre Ausbildungsstelle und nicht alle Schulabgänger gehen bei der Suche nach einer Lehrstelle zur Arbeitsagentur“, sagte Heinz-Jürgen Guß, stellvertretender IHK-Geschäftsführer der Aus- und Weiterbildung.

Bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen setzt IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel auf die Unternehmer: „Sie müssen mehr für sich werben, sich ein Profil erarbeiten und auf sozialen Netzwerken präsent sein.“ In zusätzlichen staatlichen Maßnahmen, um junge Menschen in Arbeit zu bringen, sieht sie kein Allheilmittel.