Oberhausen. . Beim Pfingststurm stürzte die Krone einer Platane auf das Haus von Doris und Wolfgang Peinemann. Ihr Haus wurde so sehr beschädigt, dass das Ehepaar vorübergehend in eine Ferienwohnung ziehen musste.
Doris und Wolfgang Peinemann waren entsetzt, als sie nach dem großen Pfingststurm ein Zitat von Umweltdezernentin Sabine Lauxen in der WAZ entdeckten. „Ein Ast fiel auf ein Dach, aber der Schaden ist schon behoben“, so hatte sich die Dezernentin geäußert.
Fakt ist: Es war eine Baumkrone einer großen Platane, die auf Peinemanns Haus an der Rudolfstraße landete, und die verwüstete nicht nur das Dach des Hauses, sondern auch dessen komplettes Innenleben. Wolfgang Peinemann (70) wohnt nun mit seiner schwer herzkranken Frau (77) in einer Ferienwohnung in Oberhausen, bis das Haus überhaupt wieder bewohnbar ist.
Das Wasser kam von überall
Peinemanns sind zudem überzeugt: „Wäre der Baum nicht auf dem Dachgiebel gelandet, sondern seitlich ins Haus eingeschlagen, hätte es womöglich Tote gegeben. Peinemann und Tochter Sabine Kowalk, die in Doppelhaushälften Tür an Tür leben, schildern die dramatischen Ereignisse der Nacht. Der Sturm tobte derart, dass es nicht möglich war, nach draußen zu gehen. Die Äste der alten Platanen schlugen gegen die Häuser. Eine bedrohliche Situation. „Ich habe immer gesagt, gleich fällt der Baum aufs Haus“, erzählt Sabine Kowalk. Ihr Mann beruhigte sie.
Dann gab es einen lauten Knall. Der Sturm hatte die Platane tatsächlich dahingerafft. Die Krone war auf den Giebel des Hauses von Peinemanns gestürzt. Die sahen sich augenblicklich mit einer Regen-Flut konfrontiert. „Das Wasser lief überall ins Haus, durchs Dach und die Wände runter“, schildert Wolfgang Peinemann die Ereignisse. „Wir wussten gar nicht, was wir machen sollten“, erzählt seine Tochter, die mit ihrem Mann den Eltern zur Hilfe geeilt war. „Wir haben Männer auf der Straße angesprochen und sie gebeten, uns zu helfen, die Möbel von den Wänden abzurücken“, berichtet sie von ihrer Not. So versuchte man, wenigestens die Einrichtung vor dem Wasser zu retten.
UnwetterOb es glückte, ist fraglich. Die Möbel sind eingelagert, müssen erst noch inspiziert werden. Ansonsten wurde das Wohnzimmer komplett verwüstet. Genauso wie die erste Etage. Dach, Decke. Isolierung, Parkett, Kamin und auch die Haustür sind hinüber. Das Haus ist so nass, dass Trocknungsmaschinen zwei bis drei Wochen laufen müssen.
„Wir haben hier 30 Jahre Arbeit reingesteckt, und in zehn Minuten war alles kaputt“, betont Wolfgang Peinemann. Auch wenn die Versicherung den Schaden übernimmt, bleiben doch Schock, Trauer über die Verwüstungen und die viele Arbeit bis alles wieder fertig ist.
„Wir bitten schon seit zehn Jahren immer wieder darum, dass die Platanen zurückgeschnitten werden“, sagt Sabine Kowalk. Es sei aber nie etwas passiert.
Selbst gesunde Bäume entwurzelt
Umweltdezernentin Sabine Lauxen erklärt zunächst zum Vorwurf der Peinemanns: „Es ging mir nicht um das Haus, sondern lediglich um den Ast, der von der Feuerwehr entfernt worden war.“ Das habe sie mit „der Schaden ist behoben“ gemeint. Zu den Schäden am Haus hätte sie ja gar nichts sagen können. Zu den Bitten der Anwohner, die Platanen zurückzuschneiden, sagt sie: „Nicht bei allen Platanen macht ein Kronenschnitt Sinn.“ Das Problem eines solchen Sturms wie am Pfingstmontag sei grundsätzlich, dass selbst gesundeste Bäume entwurzelt werden könnten. Alle Bäume, an denen Schäden entstanden seien, würden aber begutachtet. „Die Rudolfstraße steht auch bei uns auf dem Plan“, beruhigt Sabine Lauxen.
An der Rudolfstraße stehen Platanen, die die Anwohner mittlerweile für eine Gefahr halten. Umweltamtsleiter Markus Werntgen-Orman sagt dazu: „Dieser Sturm hat keine Unterschiede zwischen Pappeln, Platanen oder Ahorn-Bäumen gemacht.“ Bäume seien dort umgerissen worden, wo die Sturmrichtung zur Straßenrichtung passte, wo die Windböen also ungebremst durchfegten. Und: „So ein Sturm schmeißt auch gesunde Bäume um.“ Deshalb könne man nicht hingehen und gesunde Bäume fällen oder zurückschneiden.
Nicht mehr Auto fahren
Werntgen-Orman untermauert seine Ausführungen: „Die Gebäudeversicherungen zahlen Sturmschäden ab Windstärke 8 und das tun sie, weil ab dieser Windgeschwindigkeit jeder Baum auf ein Haus fallen kann.“ Es könne einfach nicht jedes Risiko ausgeschlossen werden. „Dann dürften wir ja auch nicht mehr Auto fahren, fliegen oder vieles andere“, folgert der Amtsleiter.
Zur grundsätzlichen Gefährdung durch Bäume sagt er: „Es gebe eine Baumkommission, bestehend aus Fachleuten und Vertretern der Politik, die die städtischen Bäume regelmäßig begutachte. Die Kommission würde mit Sicherheit sachkundige Entscheidungen treffen.
Nur den Zeitwert des Wagens
Werntgen-Orman will die Gefahr, dass ein Straßenbaum in ein Ziegelgebäude eindringt, zwar nicht aussschließen, hält sie jedoch für gering. Es sei lediglich eine Laube gewesen, auf die in Düsseldorf ein Baum fiel. Bei diesem Unglück hatten drei Menschen ihr Leben verloren.
Werntgen-Orman gibt zu bedenken: Bei Sturmschäden an einem Haus zahle die Gebäudeversicherung genau so viel Geld, dass der einstige Zustand wieder hergestellt werden könne. All die Leute, denen ein Baum auf ihr Auto gefallen sei, erhielten als Ausgleich nur den Zeitwert des Wagens.