Oberhausen. Hans-Otto Runkler sitzt für die Oberhausener FDP seit 1975 im Stadtrat. Nun ist wieder Wahlkampf. Der 60-jährige Liberale wehrt sich gegen den Eindruck, zu leise und zu zurückhaltend aufzutreten. Runkler legt sich auf kein Koalitionsbündnis fest, kritisiert aber die CDU deutlich stärker als die SPD.

Herr Runkler, Sie und die FDP verstehen sich als ausgleichendes Element im Rat, als Stimme der Vernunft. Warum war die FDP nicht lauter in den vergangenen fünf Jahren?

Hans-Otto Runkler: Wir empfinden uns nicht als zurückhaltend und leise, sondern wir finden sehr deutliche Worte – wenn wir von etwas überzeugt sind, auch gegenüber denen, die das schlechtreden wollen. Zum Beispiel beim Kauf von städtebaulichen Schlüsselimmobilien wie Markthalle oder Gartendom durch die OGM. Das ist ein Weg, den wir für dringend notwendig halten. Wäre eine Fortsetzung des gelähmten Zustandes etwa besser? Es ist leicht, einfach nur gegen etwas zu sein.

Also ist die Oberhausener FDP doch eine Kompromisspartei?

Runkler: Wir verstehen uns als bürgerliche Protestpartei gegen Miesmacherei und Bevormundung und haben da ein sehr klares Profil. Das kann oft ausgleichend wirken, es kann aber auch sein, dass wir gegen viele andere stehen, auch da, wo sich die Großen einig sind. Zum Beispiel bei den Sonntags-Öffnungzeiten: Wir waren dagegen, den Stadtteilzentren Termine zu streichen und Chancen zu beschneiden.

Sie waren 2009 der SPD als Koalitionspartner versprochen. Sind Sie immer noch bitter enttäuscht?

Runkler: Zurückblickend bin ich sogar erleichtert. In ihrem Machtanspruch tut sich die SPD schwer, Koalitionspartner auf Augenhöhe wahrzunehmen. Aber es war schon eine Überraschung, welch starke Einflussnahme damals aus Berlin kam. Denn die Grünen hatten sich ja im Wahlkampf sehr klar zugunsten der CDU und gegen die SPD positioniert. Danach waren sie für die SPD beileibe kein schwieriger Koalitionspartner. Das wäre mit den Liberalen eher anders, hätte aber die Stadt weiter voran gebracht. Aber das ist Schnee von gestern.

Sie verstehen sich ja eher als sozial-liberal und nicht als neo-liberal?

Runkler: Ich bin heftig gegen alle Bindestrich-Liberalismen. Liberal sein heißt ja, dass man nicht bestimmte vorgefasste Meinungen zu einem Thema hat, sondern glaubt, dass die Menschen sich in Freiheit besser entfalten, als wenn man versucht, sie zu reglementieren.

Für welche Koalition sind Sie denn nach der Wahl am 25. Mai offen: Für eine mit der SPD oder mit der CDU? Oder kommt es nur auf die Machtbeteiligung an?

Runkler: Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich die Frage wieder nicht stellt. Ansonsten hängt es natürlich davon ab, ob es genügend Übereinstimmungen gibt. Da sehe ich vor allem das Problem der Totalopposition von Seiten der CDU, die sich in sehr vielen Fragen wesentlich anders positioniert als wir.

Ich kann mir schwer vorstellen, wie wir mit ihr zu einer aktiven Stadtentwicklungspolitik kommen sollen. Konträr ist die Auffassung zur Belebung der Stadtteile. Wenn die Stadt Schlüsselimmobilien entwickelt, hat das auch Ausstrahlung auf das Umfeld. Ganz simple Frage: Glauben Sie zum Beispiel, dass es ohne Technisches Rathaus das Sterkrader Tor geben würde? Also muss man so etwas machen, aber darf sich natürlich nicht übernehmen, da bleibt immer ein Risiko.

Und da halten Union & Co. lieber die Füße still oder hoffen auf den großen Investor, der sich leider in den letzten Jahren noch nicht gezeigt hat. Wer nichts riskiert, hat schon verloren – das wissen wir aus der Zeit, als Oberhausen nichts riskieren durfte.

Und was ist mit der SPD?

Runkler: Mit der SPD gibt’s natürlich auch grundlegende Differenzen, ich denke da nur an das Thema Umweltzonen, die Handwerker und Privatleute in Bedrängnis bringen. Was kann man aus Sicht einer rot-grünen Mehrheit machen, wenn für wirksame Maßnahmen kein Geld da ist? Man will etwas vorschreiben oder verbieten, verengen oder blockieren: Das halten wir nicht für eine Lösung. Dagegen bleiben wir liberale Protestpartei. Wir sehen uns aber auch in der Pflicht, Oberhausen handlungsfähig zu halten und nicht von „GroKodilen“, linksparteilichen Neinsagern oder wutbürgerlichen Taliban abhängig zu machen.

Mit wutbürgerlichen Taliban meinen Sie ja das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB). Wieso haben Sie als FDP so ein Bündnis nicht verhindern können? Ist das nicht ihre Klientel: aufgeklärte engagierte Bürger?

Runkler: Für liberal Denkende ist das keine verlockende Alternative. Beim BOB sammeln sich Politiker, die sich respektabel einbringen, aber schon sehr von der Richtigkeit und Unfehlbarkeit ihrer Thesen überzeugt sind – beim Thema Haus der Jugend etwa zu Gunsten der eigenen Nostalgie und gegen das Jugendparlament als Stimme der Betroffenen. Das ist bei Liberalen anders, da wirbt man für seine Überzeugungen, aber wägt auch ab und bleibt offen für bessere Argumente.

Wenn Sie in den Rat gewählt werden: Welche Punkte wollen Sie als erstes durchsetzen?

Runkler: Unser Motto ist: „Nicht gängeln – Mut machen“. Unnötige Gängelei ist etwa die Baumschutzsatzung. Die wollen wir im privaten Bereich abschaffen, nur für Bauträger und den öffentlichen Bereich beibehalten. Beispiel Mülheimer Straße: Trotz Umweltzone stieg die Belastung durch Feinstaub und Lärm. Eine Begrünung der Fassaden wäre weit sinnvoller; Oberhausen sollte da seine Drähte zum Land nutzen. Und wir wollen Vielfalt und Inklusion in Bildung und Kultur voranbringen und nicht durch überhastete Schulschließungen gefährden.

Wie lautet die Botschaft ihres Wahlprogramms?

Runkler: Das Leitmotiv ist: Wir müssen allen wieder Mut machen, die hier in Oberhausen leben, die Arbeitsplätze schaffen, die eine Familie gründen, die sich entfalten wollen. Denn die erleben: immer mehr Steuern, immer mehr Abgaben, immer mehr Vorschriften – und auf der anderen Seite die Stadt, die sich aus Aufgaben zurückzieht, Straßen und Gebäude vernachlässigt und Angebote beschneidet. Diese Botschaft ist brandgefährlich. Oberhausen darf sich nicht aufgeben.

Warum sollte die FDP im Stadtparlament sitzen, im Bundestag sitzt sie ja nicht mehr?

Runkler: Weil wir vor Ort nie das gemacht haben, wofür die FDP begreiflicherweise bei der letzten Bundestagswahl abgestraft wurde. Zum Beispiel Dinge zu versprechen, die sich nachher in der Koalition nicht umsetzen lassen. Oder auch Personen in Aufgaben zu stellen, bei denen die Menschen sich fragten: Kann das so funktionieren? Wir haben uns nie schützend vor Entscheidungen des Landes oder des Bundes gestellt, nur weil dort die eigene Partei beteiligt war. Wir bleiben konsequent die freiheitliche Stimme im Rat, die viele bereits in Berlin vermissen. Dafür stehen wir als Personen, das nimmt man uns ab. Krawallopposition passt nicht zu uns.