Oberhausen. . In Oberhausens ukrainischer Partnerstadt Saporishja ist die Sorge groß, in die Auseinandersetzung um die Krim hineingezogen zu werden. Desbina Kallinikidou vom städtischen Büro für Interkultur schildert, was sie von dort erfährt.

Mit großer Sorge beobachtet Desbina Kallinikidou vom städtischen Büro für Interkultur das Geschehen in der Ukraine und im Besonderen in Oberhausens Partnerstadt Saporishja: „Die Lage dort ist sehr angespannt. Die Menschen haben Angst und befürchten, dass, wenn es auf der Krim zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, diese auch ihre Stadt erreichen könnten.“ Das Stadtgebiet von Saporishja liegt in der südöstlichen Ukraine.

Mit Krieg rechnen müssen

„Die Menschen in Saporishja konnten es sich bis vor wenigen Wochen noch gar nicht vorstellen, dass sie zu ihren Lebzeiten mit ei­nem Krieg rechnen müssen – ebenso wenig, wie wir das können. Jetzt aber ist bei ihnen diese Angst da,“ schildert die städtische Mitarbeiterin, was sie aus der Partnerstadt hört.

Die Geschichte einer Partnerschaft

Saporishja ist die zweite Partnerstadt Oberhausens. Die Partnerschaft geht auf einen Besuch des damaligen Gewerkschaftsfunktionärs Heinz Schleußer in Saporishja im Jahr 1973 zurück.

Durch das Ritual der „Freundschaftsschmelze“ wurde der Kontakt zwischen den beiden Stahlstandorten aufgebaut, der 1986 in eine offizielle Städtepartnerschaft überging.

Seither leistet der Verein Förderkreis Saporishja humanitäre Hilfe, der Verein „Grüne Luftbrücke“ pflegt den Kontakt zu Waisenkindern, Pflege- und Adoptivfamilien.

Mit fast 780 000 Einwohnern ist Saporishja die sechstgrößte Stadt der Ukraine, größer als Essen. Neben Ukrainern (70 %) und Russen (25 %) leben dort Menschen aus über 90 Nationen.

Regelmäßig telefoniere sie mit ihrer Kollegin in Saporishja, die dort für die Städtepartnerschaft zuständig ist: „Eines ist für mich klar: Städtepartner halten sich aus den politischen Geschehnissen heraus. Würden wir uns aus Oberhausen jetzt aktiv einmischen, könnte das sogar negative Folgen für die Menschen dort haben.“

Noch keine Ausschreitungen

Die Situation in Saporishja sei ohnehin schwierig. Kallinikidou: „Beispielsweise wurde bereits der Gouverneur ausgetauscht. Auch der Bürgermeister sollte gehen. Bei ihm ist das Besondere, dass er bei seiner Wahl 2010 in der Partei von Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko war. 2012 wechselte er dann in die Partei von Präsident Wiktor Janukowitsch. Als er jetzt gehen sollte, trat er aus dessen Partei aus, blieb aber als Parteiloser im Amt.“ Auch diese Entwicklung wird Desbina Kallinikidou beobachten.

Zwar habe es bisher in Saporishja keine Ausschreitungen gegeben, pro-russische Demonstrationen allerdings schon.

Höchste Fehlgeburtenrate

„Diese Entwicklung ist auch für uns sehr beunruhigend. Wir waren inzwischen so weit, dass wir Gespräche über Klimaeffizienz und Umweltverträglichkeit, über Gebäudesanierung und den sich langsam abzeichnenden Strukturwandel in Saporishja geführt haben“, sagt Kallinikidou. Auch in der noch immer von Schwerindustrie geprägten Stadt habe man erkannt, dass man künftig nicht allein auf Schwerindustrie mit ihrer Umweltbelastung setzen könne: „In Saporishja gibt es die höchste Fehlgeburtenrate der Ukraine.“ All diese dringenden Themen, befürchtet Desbina Kallinikidou, werden nun angesichts der aktuellen Ereignisse in den Hintergrund gedrängt.

Sie wird auch weiterhin den Kontakt nach Saporishja halten: „Wir können den Menschen dort vermitteln, dass wir an sie denken und mit ihnen fühlen“, so die Organisatorin der Städtepartnerschaft.