Oberhausen. Macht der Online-Trend “Bier-Nominierung“ Jugendliche zu Alkoholikern? Vor allem Mädchen werden immer häufiger mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert - obwohl viele noch gar nicht trinken dürften. Die Drogenberatung Oberhausen versucht gegenzusteuern.

Mit einiger Sorge beobachtet Christian Sauter, Sozialarbeiter bei der Drogenberatung, einen Trend im Internet, der auch Oberhausener Jugendliche zum Trinken animiert: „Jugendliche ,exen’ bei laufender Handy-Cam 0,5 Liter Bier und bestimmen im Anschluss drei Freunde via sozialer Kommunikationsplattform, die es ihnen nachmachen sollen. Das leistet der Entstehung einer Alkoholabhängigkeit Vorschub.“

In Oberhausen landeten im Jahr 2012 immerhin 55 Jugendliche nach exzessivem Alkoholmissbauch im Krankenhaus – allerdings nicht wegen dieses neuen Internet-Trends, sagt Sauer. Während im Land NRW diese Zahl leicht sank, stieg sie in Oberhausen im Vergleich zum Vorjahr um 12,2 Prozent an. Sagt das Statistische Landesamt.

Mehr Mädchen machen mit bei Komasaufen

„Zwischen 2005 und 2010 gab es in Oberhausen aber höhere Zahlen von Alkoholvergiftungen. Die niedrigsten Zahlen hatten wir 2011 mit 49 Betroffenen,“ sagt Hermann Hahnenberg, beim Jugendamt zuständig für den Jugendschutz. Besorgniserregend sei aber auch, so Sauter, dass eine „psychische oder verhaltensbezogene Störung durch Alkohol die dritthäufigste Diagnose in deutschen Krankenhäusern überhaupt war – altersunabhängig übrigens“. Er weiß, dass 42 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen regelmäßig Alkohol trinken.

Dabei sind die Gründe für Alkoholexzesse bei Jugendlichen vielfältig, sagt Hahnenberg. Die Frage nach der Verfügbarkeit der Droge spiele ebenso eine Rolle wie ihre gesellschaftliche Akzeptanz, das persönliche Umfeld und die eigene Einstellung des Jugendlichen gegenüber Alkohol.

Um gegenzusteuern, bietet die Fachstelle Suchtprophylaxe der Drogenberatung Oberhausen Präventionsmaßnahmen an – wie das „Info-Set-Sucht“ oder den interaktiven „Alkoholparcours“, bei dem Jugendliche mit einer Rauschbrille erleben, wie sich Alkohol auswirkt. Das „Info-Set-Sucht“ soll helfen, die Entstehung einer Suchthaltung bei Schülern zu vermeiden, die Einstellung zu legalen und illegalen Suchtmitteln zu beeinflussen und eine geschlechtersensible Suchtaufklärung zu betreiben. Hauptzielgruppe bilden Schüler und Schülerinnen der Jahrgänge acht bis zehn.

Statistik

Die aktuelle Statistik des Landesbetriebes Information und Technik weist Zahlen ab 2003 aus. Damals kamen 33 Jugendliche alkoholisiert ins Krankenhaus, 13 davon waren Mädchen.

Mit 83 Klinik-Einlieferungen erreichte die Zahl 2008 ihren Höhepunkt, in dem Jahr landeten auch die meisten Mädchen (42) in Krankenhäusern.

Polizei und Justiz unterstützen Suchtprävention

Das Programm erreicht nahezu flächendeckend alle Oberhausener Schulformen wie Haupt-, Gesamt- u. Realschulen sowie die Gymnasien, sagt Sauter. Darüber hinaus werden auch Förderschulen, Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe angesprochen. Die Drogenberatung setzt zudem auf ein interaktives Programm für den Bereich Alkoholprävention. Beim „Alkoholparcours“ gibt es ein Quiz zum Thema Alkohol und Übungen mit Rauschbrillen in verschiedenen Promille-Stärken.

Unterstützt wird die Drogenberatung von den Anonymen Alkoholikern, der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe, der Polizei und der Justiz. Sauter will auch die Eltern ins Boot holen, informiert deshalb über die Gefahren des Alkoholkonsums.

Ständige Kontrolle ist nicht möglich

Auch in Oberhausen beobachten die Suchtberater seit einigen Jahren ein weiteres Phänomen: Die Zahl der weiblichen „Komasäuferinnen“ steigt tendenziell. Sauter: „Mädchen wollen auch beim Komasaufaktionen mithalten.“

Das Jugendschutzgesetz verbietet zwar die Abgabe von Alkohol an Jugendliche, aber „ständige Kontrollen sind aufgrund der Personalsituation nicht möglich“, schränkt Hahnenberg ein.