Oberhausen. . In kurzer Zeit mussten 180 Anwohner in der Nähe des Holtener Feldes ausquartiert werden. Britische Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg waren aufgetaucht. Mitarbeiter der Stadt liefen von Tür zu Tür. Die meisten waren einsichtig, nur wenige wehrten sich.

Es hat schon etwas Verlorenes, wie Kurt Welskop vor dem Haus in der Vennstraße auf seinem Rollator sitzt und wartet. Wartet auf den Rettungswagen, der ihn gleich abholt. Der 99-Jährige muss ausquartiert werden, weil nur wenige Meter von seiner Wohnung entfernt in wenigen Minuten drei Fliegerbomben entschärft werden. Zeit genug, sich an jene Tage zu erinnern, in denen sie hier abgeworfen wurden.

Seit 1955 wohne er schon hier, erzählt der betagte Holtener. Doch seine Erinnerungen reichen noch viel weiter. 1944 war es, „ich war damals als Soldat im Urlaub in Oberhausen“, da habe es genau an dieser Stelle eine Vernebelungstruppe gegeben. Er zeigt auf das Feld gegenüber. „Ein Soldat und drei Gefangene lagen dort und immer, wenn einer angeflogen kam, haben sie die Nebelfässer geöffnet.“ Die Deutschen versuchten, den britischen Bombern die Sicht zu behindern. Durchaus mit Erfolg, wie sich heute zeigt.

Das war nicht die letzte Bombe

Während des Zweiten Weltkriegs war die Ruhrchemie, heute Oxea, als kriegswichtiger Betrieb ein wiederholtes Ziel der alliierten Kräfte. Rund um das Holtener Feld werden zahlreiche Blindgänger vermutet. Zu Tage kommen sie jetzt, weil die Emschergenossenschaft einen großen Hochleistungs-Abwasserkanal parallel zur Emscher baut – das Holtener Feld wird deshalb in den kommenden Jahren zur Baustelle. Vorab wird das Gelände auf mögliche Blindgänger durchsucht.

Nicht nur bei Kurt Welskop mussten die Mitarbeiter des Bereichs für Öffentliche Ordnung gestern klingeln. 180 Anwohner waren es insgesamt, die für die Dauer der Entschärfung umgesiedelt wurden. Frank Hegemann und seine Kollegen stoßen dabei überwiegend auf Verständnis. „Wir fahren nach unsere Schwägerin in Marxloh“, begrüßt Horst Stockhausen (75) die Herren freudestrahlend. Noch ist er jedoch in Pantoffeln, hinter ihm läuft seine Frau mit einem Topf Mittagessen durch die Wohnung. Jetzt aber schnell. Bei August Günther hat Hegemann es etwas schwerer. Der 94-Jährige sieht nicht ein, warum er in die Kälte soll. „Da hol ich mir noch nen Fips.“ Mit viel gutem Zureden klappt es dann doch. Gut so, denn es wird nicht die letzte Entschärfung in Holten gewesen sein.