Oberhausen. Die Zahl der jugendlichen Straftäter ist seit Jahren rückläufig. Was eigentlich ein Grund zur Freude sein sollte, hat aber einen faden Beigeschmack: Ist bei einer Straftat Gewalt im Spiel, ist sie heute deutlich massiver. Auch das jugendliche Alter und die Anzahl der vorgeworfenen Taten erschüttert.

Die gute Nachricht: Die Zahl junger Straftäter unter 21 Jahren ist in den letzten zehn Jahren von 3000 auf 1800 gesunken, ebenso die Zahl der Gewaltdelikte. Die schlechte Nachricht: Ist bei einer Straftat Gewalt im Spiel, dann ist sie heute massiver. So lautet die Einschätzung von Jürgen Richter, Leiter des zuständigen Kriminalkommissariats bei der Polizei, die er am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz gab.

Anlass dafür war die Ergreifung von zwei Jugendlichen, die sich am Sonntag mit einem dritten an einem Geldautomaten merkwürdig auffällig verhielten, weshalb ein Zeuge die Polizei informierte. Eine Straftat lag zwar hier nicht vor, allerdings erkannten die Beamten zwei seit längerem gesuchte Tatverdächtige.

15. Geburtstag im Bordell

Was Richter und sein Kollege Werner Nakot dann am Mittwoch berichteten, ist in vielerlei Hinsicht erschütternd: das junge Alter der mutmaßlichen Täter, die Massivität ihres Vorgehens, die Zahl der ihnen vorgeworfenen Taten. So hatten ein paar Tage vorher mehrere Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren den 15. Geburtstag eines Gruppenmitglieds zum Anlass für einen Bordellbesuch genommen. Während einer in der Flaßhoffstraße blieb, zwangen die anderen einen Jugendlichen auf der Wörthstraße, ihnen seinen Roller zu geben.

Auch der gewalttätige Überfall auf einen 17-Jährigen im Olga-Park, an dem auch andere beteiligt waren, wird dem Hauptverdächtigen vorgeworfen. „Die gingen ganz übel mit dem Opfer um. Es musste ihnen sogar die Füße küssen“, sagt Nakot. Der 17-Jährige berichtete später auch von einem Raub, bei dem der Angreifer einen Oberhausener bedroht und ihm Basecap und Kette geraubt haben soll.

Überfall an einer Haltestelle am Centro 

Doch damit nicht genug: In einem anderen Fall soll einer der Verdächtigen, wieder in einer Gruppe, dabei gewesen sein, als an einer Haltestelle am Centro vier junge Bottroper bedroht wurden. „Geld raus, Handys her, sonst brechen wir euch die Nase“, sollen sie gedroht haben.

„Die sind ständig unterwegs. Die Gruppe baut einen unheimlichen Druck auf. Das reicht aus, und die Opfer geben aus Angst alles ab“, erzählen die Polizisten. Die Beamten gehen davon aus, dass den Tatverdächtigen weitere Delikte nachgewiesen werden können.

Man ist ab 14 Jahren strafmündig

Mit welchen Konsequenzen müssen diese Täter rechnen? „Bei dem 15-Jährigen haben wir angeregt, dass er nicht mehr in der Familie verbleibt.“ Strafmündig ist er allerdings auch, denn das ist man ab 14 Jahren.

Zwei andere kommen in die Intensivtäterkartei, die die Polizei eingerichtet hat. Jugendamt und Jugendgerichtshilfe werden eingeschaltet, man nimmt Kontakt zu den Eltern auf. „In solchen Fällen leiten wir flexible Maßnahmen ein“, sagt Richter. Denn der Kerngedanke des Jugendstrafrecht besage, das Erziehung vor Strafe gehe.

Und wie sind die Erfolgsaussichten? „Etwa die Hälfte der Intensivtäter wird ein Jahr lang nicht mehr straffällig“, gibt Nakot an. Derzeit sind rund 20 junge Oberhausener in der Kartei.

Aufmerksame Zeugen

Ihre Motive? „Es geht ihnen darum, Spaß zu haben und Leute unter Druck zu setzen: Roller klauen, fahren bis der Tank leer ist. Da entwickelt sich eine Gruppendynamik.“

Die Fahndungserfolge, betont Polizeisprecher Tom Litges, seien zunehmend aufmerksamen Bürgern zu verdanken. Er appelliert daher: „Wem was auffällt, der sollte die 110 wählen. Niemand muss befürchten, dass er bei Falschalarm den Einsatz bezahlen muss.“