Oberhausen. . Wer kannte Georg Eul, von der hiesigen NS-Kripo ins Konzentrationslager zu „Rückkehr unerwünscht“ verurteilt? Enkel Manfred Georg Mühlenkamp begibt sich auf eine Spurensuche und wünscht sich Hinweise zum Schicksal seines Großvaters aus Oberhausen, „zuletzt wohnhaft“ im KZ Mauthausen.

Der erste Weihnachtsfeiertag, der 25. Dezember, ist für mich nicht nur ein Feiertag, sondern immer auch ein Tag der Erinnerung. Mein von den Nazis in einem Konzentrationslager ermordeter Großvater Georg Eul wurde an diesem Tag geboren. Die Nazis rissen ihn schon im Alter von 38 Jahren aus dem Leben.

Dieses Jahr kann ich das Fest der Hoffnung aber in ganz besonderer Weise begehen. Denn mit diesem Artikel erhoffe ich mir ein persönlich ersehntes Weihnachtsgeschenk: Mehr Hinweise von Oberhausener Bürgern über meinen Großvater, den Urgroßvater meiner Kinder Milos und Julian. Denn ich selbst habe trotz intensiver Spurensuche kaum Informationen über sein kurzes Leben, über die wahren Gründe und die konkreten Umstände seiner Verhaftung in Oberhausen durch die Nazi-Schergen. Details zur Geschichte meines Großvaters wären für mich ein Trost für viele sehr, sehr traurige Momente.

Als Dieb und Bettler abgestempelt

Den NS-Akten entnehmen zu müssen, dass ein so naher, rechtschaffener Verwandter als „Dieb“ und „Bettler“ bezeichnet wurde, war für unsere Familie mehr als bitter. Da er in keiner Partei Mitglied war, stempelten ihn die Nazis einfach als „BV“, also Berufsverbrecher, ab.

Aber der Reihe nach. Den wenigen Standesamtsunterlagen und NS-Akten entnahm ich, dass Georg am 25. Dezember 1902 als Sohn von Heinrich und Elisabeth Eul, geb. Ullrich, wohnhaft auf der Michelstraße, in Oberhausen geboren wurde. Als letzter Wohnort vor seiner Deportation war die Mülheimer Straße auf mittlerer Höhe angegeben. Als „zuletzt wohnhaft“ findet sich im Familienbuch der Eintrag „Mauthausen“ – gemeint ist das für besonders schlimme sadistische Umtriebe der Nazis berüchtigte KZ Mauthausen, das größte Konzentrationslager auf dem Gebiet Österreichs, wenige Kilometer von Linz entfernt.

Auf unserer Spurensuche nach Georg Eul besuchten mein Sohn Milos und ich das Lager – wir waren überrascht zu sehen, dass die Nazis das KZ nicht versteckt hatten, sondern unübersehbar mitten auf einen Berg platzierten.

Hinweise an die Redaktion

Oberhausen war die erste westdeutsche Stadt, die aus eigenen Mitteln finanziert eine Gedenkhalle für die Opfer der NS-Zeit baute. Die Ausstellungen und Aktionen sollen dafür sorgen, dass nachfolgende Generationen ihre Lehren ziehen. „Dass sich meine Heimatstadt hier so stark engagiert, hat mich immer stolz auf Oberhausen gemacht“, schreibt Mühlenkamp. „Das gibt mir letztendlich die Gewissheit, dass ich nicht alleine eine Rechnung mit den Nazis offen habe, sondern wir Demokraten in Oberhausen uns heute und morgen, jung und alt, gemeinsam gegen alle neu aufkommenden Kräfte mit dieser menschenverachtenden Ideologie immer wieder entgegenstellen.“

Hinweise zu Georg Eul unter redaktion.oberhausen@waz.de.

In Oberhausen war mein Großvater als Zimmermann tätig gewesen. Nach der Festnahme durch die Oberhausener Kripo wurde er 1935 in das Emslandlager bei Papenburg eingeliefert. Ich war schockiert, dass dies ohne Einschaltung eines Gerichts vollzogen wurde und die Polizei ihn damals selbst ohne weitere externe Kontrolle zu sechs Jahren Gefängnis verurteilen konnte. Der eigentliche Haftbefehl lautete nach Angabe meines Vaters dann auch bezeichnenderweise direkt: „Rückkehr unerwünscht“.

Einlieferung in Buchenwald im Jahre 1938

Im Emslandlager war auch der als Zeitzeuge in Oberhausen stark engagierte Widerstandskämpfer Hans Müller inhaftiert, bevor er viele weitere KZ-Jahre überstehen musste. 1938 erfolgte die Einlieferung meines Großvaters in Buchenwald, um schon nach kurzer Zeit nach Mauthausen weitergeleitet zu werden.

Aus Mauthausen gibt es fast nur den Eintrag, dass der 10. März 1940 der Todestag und die offizielle Ursache Herzschwäche war. Besonders perfide: Ein wichtiger Mann mit Einfluss aus Oberhausen hatte meiner Oma Martha angeboten, er könne „etwas für ihren Mann Georg tun“, wenn sie sich mit ihm einlassen würde – meine Oma lehnte dieses unsittliche Ansinnen strikt ab. Meine Oma hatte ihren Stolz: Sie beantragte später noch nicht einmal die ihr zustehende Rente. Mit mir hat sie nie über meinen Opa und ihre Erlebnisse gesprochen. Auch meine Mutter Waltraud, die ihren Vater schmerzvoll schon als kleines Mädchen verlor, wollte nicht mehr über diese für meine Familie so traurige Zeit reden.