Welch ungewöhnlicher Anblick: Im Bertha-von-Suttner-Gymnasium saßen sich Schüler und ältere Menschen gegenüber, schweigend und allesamt über Käsehäppchen und Nudelsalat gebeugt. Im Hintergrund lief das Radio. Im Hintergrund? Nein, an diesem Tag stand das Radio vielmehr im Mittelpunkt.
Denn für 14 Schüler der Klasse 10b ist eine fünfmonatige Projektarbeit zu Ende gegangen. Fünf Monate, in denen die Jugendlichen recherchierten und interviewten, Texte schrieben und vertonten. Das Ergebnis all dieser Aktionen, ein 55minütiger Radiobeitrag, strahlte der Bürgerfunk jetzt aus.
Das Projekt war eine Kooperation des Gymnasiums mit der Radiowerkstatt Bert-Brecht-Haus und der Gedenkhalle Schloss Oberhausen. Eine Zusammenarbeit, die gleich auf das Thema der Arbeit schließen lässt: „Gegen das Vergessen” richtet sich das Feature, gegen das Vergessen der NS-Greuseltaten.
Die Schüler sprachen mit sieben Zeitzeugen über ihrer Kindheit im NS-Regime, einer „gestohlenen Kindheit”, wie eine der Interviewten sagte und dann von stillschweigendem Antisemitismus sprach, der immer lauter wurde, von der politischen Entmündigung durch die eigenen Eltern – „Mit uns sprach man nicht darüber” – und der Enteignung jüdischer Mitbürger. Entzerrt wurden die Erinnerungen durch gut ausgewählte, musikalische Einschübe und Originaltöne aus dem Archiv.
Gespiegelt in unsere Gegenwart mit Diskriminierung und rassistischen Gewalttaten machte das Feature einen runden Bogen und schloss mit dem Appell zum Aktionismus.
„Wir müssen auf allen Ebenen aktiv werden, damit die braune Horde nicht wieder aus ihrem Loch krabbelt”, stimmte ein Zeitzeuge im Anschluss ans gemeinsame Radiohören zu. Das Radio wäre deshalb ein gutes Werkzeug, weil es viele erreiche.
Für Medienpädagoge Richard Neumann hat das Radio noch andere Vorzüge: „Es ist der beste Weg, die Hör- und Lesekompetenz der Jugendlichen zu erhöhen.” Neumann hatte die Projektarbeit der Gymnasiasten begleitet und war mit dem Radio-Feature zufrieden: „Es ist professionell gemacht.”
Kein Wunder, arbeiteten doch Schüler an dem Projekt, die bereits erste Schritte auf dem Weg zum Journalisten gegangen sind. So wie Maximilian, der nach einem Praktikum bei einer Zeitung weitere Erfahrungen möglichst breit sammeln will.
„Für unsere Generation ist Nazi-Deutschland zum Glück nur Geschichte. Damit das so bleibt, sind Zeitzeugen wichtig” - und Projekte, wie das der Gymnasiasten.