Duisburg/Mülheim/Oberhausen. Täglich gehen rund 60 Anrufe bei der Telefonseelsorge für Oberhausen, Duisburg und Mülheim ein. Fast jeden zweiten Tag spricht jemand über einen geplanten Selbstmord. Doch es fehlen ehrenamtliche Mitarbeiter, die die Anrufe entgegennehmen. Sie müssen belastbar sein und Krisenerfahrung mitbringen.
Die Telefonseelsorge für Oberhausen, Duisburg und Mülheim sucht dringend weitere ehrenamtliche Mitarbeiter. Zwar helfen dort bereits 120 Freiwillige. Dies wirke aber nur viel, sagt der Leiter Olaf Meier. „Wir sind an jedem Tag im Jahr besetzt, rund um die Uhr.“ Im Schichtdienst zu je vier Stunden wechseln sich die gut ausgebildeten Helfer ab, zwischen 14 und 2 Uhr besetzen sie sogar ein zweites Telefon. Zusätzlich wird per E-Mail beraten, und auch persönliche Krisengespräche von Angesicht zu Angesicht gehören zum Alltag der Telefonseelsorge, die von der katholischen und evangelischen Kirche getragen wird.
Probleme wie Hartz IV, Cyber-Mobbing oder Herzschmerz
Allerdings ist nicht jeder für diese Aufgaben geschaffen. „Unsere Mitarbeiter müssen belastbar sein und sollten Lebenserfahrung und Krisenerfahrung mitbringen.“ Denn die Arbeit in der Seelsorge ist kein Zuckerschlecken: Täglich gehen rund 60 Anrufe ein, fast jeden zweiten Tag spricht jemand über geplanten Selbstmord. Für manche Mitarbeiter sei es belastend, nicht zu wissen, was aus den Anrufern wird. Denn die Gespräche sind auf beiden Seiten anonym, mit unterdrückten Nummern.
Infoabend für neue Helfer
Für Interessierte, die bei der Telefonseelsorge für Oberhausen, Duisburg und Mülheim mitarbeiten wollen, bietet sie am kommenden Montag, 2. Dezember, einen Informationsabend in Duisburg an. Los geht’s um 19 Uhr im Haus der Evangelischen Kirche, Am Burgacker 14-16, in Duisburg-Mitte. Anmeldungen unter 0203/22657 oder per Mail: duisburg@telefonseelsorge.de.
Die Seelsorgenummern lauten: 0800/ 1110111; 0800/ 1110222. Die Kosten des Anrufs übernimmt die Telekom.
„Beim Großteil der Themen geht es, ganz klassisch, um das weite Feld der Beziehung“, vom Teenager mit Herzschmerz bis zum Witwer im Rentenalter, so Meier. „Einsamkeit ist ein riesiges Thema, und fast immer sprechen die Menschen über ihre seelischen Schmerzen.“ Deren Ursachen seien zwar vielfältig, aber die Anrufer plagen inzwischen vermehrt wirtschaftliche Not, soziale Ausgrenzung aufgrund von Hartz-IV-Bezug oder Cybermobbing, so Meier. Zudem meldeten sich nun verstärkt Rentner. „Unser Angebot ist notwendig, wir leisten Prävention.“ Die Telefonseelsorge schütze einsame Menschen vor Sucht oder Depression und verhindere Selbstmord. „Jemand, der redet, bringt sich nicht um“, so Leiter Meier.
Ehrenamtliche leisten 144 Dienststunden pro Jahr
Zumeist gehe es für die Ehrenamtler aber darum, zuzuhören, und das anonyme Gegenüber nicht zu verurteilen, sondern zu respektieren. Damit das gelingt, werden alle Ehrenamtler ausgiebig vorbereitet. Bevor sie ihre erste Schicht übernehmen, absolvieren alle einen einjährigen, berufsbegleitenden Ausbildungskurs.
„Wir brauchen keine Sprinter, sondern Langstreckenläufer. Die Mitarbeiter tun ihren Dienst mit hoher Verbindlichkeit und Selbstverpflichtung“, ähnlich wie die Freiwillige Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk. Ganze 144 ehrenamtliche Dienststunden opfert jeder Einzelne der Seelsorge pro Jahr. „Aber sie profitieren auch selbst von den Erfahrungen am Telefon. Sie lernen viel und wachsen.“
Olaf Meier freut sich über jeden, der mitmachen möchte. Die Telefonseelsorge ist derzeit fest in Frauenhand. „Deshalb hätte ich gerne Männer mit Einfühlungsvermögen und Anteilnahme“, zumal immerhin ein Drittel aller Anrufer männlich sind.