Oberhausen. Gewerkschaft Verdi sieht die Sonderzahlung im Einzelhandel gefährdet.Auch im öffentlichen Dienst versuchen Kommunen, die Zahlungen zu deckeln.
Immer weniger Unternehmen im Oberhausener Einzelhandel zahlen ihren Mitarbeitern Weihnachtsgeld. Diese Entwicklung bereitet der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Sorgen. „Es ist in vielen Branchen zu beobachten, dass die Bereitschaft sinkt, der eigenen Belegschaft Sonderzahlungen zu leisten“, so die Oberhausener Verdi-Geschäftsführerin Henrike Greven. Einer aktuellen Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung zufolge erhalten derzeit rund 54 Prozent der Beschäftigten in Deutschland Weihnachtsgeld. „Im Einzelhandel ist die Entwicklung jedoch noch einmal verschärft. Das hängt damit zusammen, dass in Oberhausen nur noch wenige Geschäfte in dieser Branche der Tarifbindung unterliegen“, so Greven.
„Ausdruck von Dankbarkeit“
Dabei sei das Weihnachtsgeld eine wichtige Institution. „Zum einen hat das mit Dankbarkeit und Anerkennung für die geleistete Arbeit zu tun.“ Die Bindung zum Unternehmen könne so erhöht werden. Aber auch eine weitere Komponente sieht Greven. „Früher wurde dieses Geld benutzt, um Geschenke zu kaufen.“ Auch eine Urlaubsreise wurde so finanziert. „Heutzutage brauchen viele Arbeitnehmer diese Zahlungen jedoch, um über die Runden zu kommen. Im Januar sind die Versicherungsbeiträge für das kommende Jahr fällig.“ Ohne Weihnachtsgeld stünden viele Arbeitnehmer vor Problemen.
Jedoch Unterschiede von Branche zu Branche
Auch im lokalen Handwerk wird Weihnachtsgeld gezahlt. „Es ist aber von Branche zu Branche unterschiedlich, wie viele Unternehmen tariflich organisiert sind“, so Kreishandwerksmeister Jörg Bischoff.
Bei den Fleischereien gebe es fast überall Sonderzahlungen.
Marc Heistermann, Geschäftsführer des auch für Oberhausen zuständigen Einzelhandelsverbands Ruhr, will diesen düsteren Ausführungen von Verdi nicht folgen. „Ich gehe immer noch davon aus, dass Einzelhandelsunternehmen ihren Mitarbeitern bereitwillig Weihnachtsgeld zahlen. Doch dafür müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen.“ Sollte es im Zweifel darum gehen, ob ein Unternehmen überhaupt weiter bestehen kann, müsse die Sicherung der Arbeitsplätze vor der Auszahlung von Weihnachtsgeld stehen. Im Tarifvertrag für den NRW-Einzelhandel ist die Höhe der Sonderzahlung auf 62,5 Prozent eines Monatseinkommens festgeschrieben. Das kann zwischen 1400 bis 1600 Euro bedeuten.
Kopplung des Weihnachtsgeldes
Auch im öffentlichen Dienst können sich Beamte und Angestellte weiterhin über ein 13. Monatsgehalt freuen. Angestellte in den unteren Einkommensgruppen erhalten 90 Prozent eines Monatsgehalts, Beamte in höheren Besoldungsgruppen 30 Prozent. „Die Kommunen versuchen jedoch in der aktuellen Tarifrunde, die Kopplung des Weihnachtsgeldes an den höheren Tarifabschluss zu kippen“, so Henrike Greven. Das könnte bedeuten, dass das Weihnachtsgeld gedeckelt wird und nicht mit der Lohnentwicklung weiter steigt.
Weiße Überraschung
„In der Metall- und Elektroindustrie kann man davon ausgehen, dass der Großteil der Beschäftigten Weihnachtsgeld erhält“, so IG-Metall-Bevollmächtigter Peter Koppers. „In den vergangenen Jahren gab es von Seiten der Arbeitgeber auch keine Vorstöße daran zu rütteln.“ Rund 90 Prozent der Beschäftigten in den Oberhausener Metall-Unternehmen, etwa bei MAN-Turbo, würden nach Tarif entlohnt und Sonderzahlungen in Höhe von 50 bis 60 Prozent eines Monatsgehalts erhalten.