Oberhausen. Einst stand das Modeunternehmen Abercrombie & Fitch für Exklusivität und Sex-Appeal. Von dem Hype um die Marke ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Es sieht schlecht aus im Hause Abercrombie & Fitch. Das in den USA beheimatete Mode-Unternehmen verzeichnet macht schon seit einiger Zeit stagnierende Verkaufszahlen. Schon im ersten Geschäftsquartal 2013 musste das Modegeschäft einen Umsatzverlust von neun Prozent vermerken. Im gerade abgeschlossenen Quartal schrumpfte der Umsatz nach eigenen Angaben um ganze zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Jetzt kündigte das Unternehmen an, alle 23 Filialen ihrer Tochterfirma „Gilly Hicks“ zu schließen. Die Damenwäsche-Linie von Abercrombie & Fitch wird vor allem durch Shops in Großbritannien vertrieben, in Deutschland eröffnete 2011 die einzige Filiale im Centro Oberhausen.

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Die Wäschelinie solle fortan ausschließlich in den Läden der zweiten Abercrombie-Tochter Hollister und über das Versandportal des Unternehmens erhältlich sein, hieß es.

Oberhausener Centro-Management weiß von nichts

Beim Management des Oberhausener Einkaufszentrums ist über eine Schließung der Filiale nicht bekannt: „Diese Meldung muss ich dementieren“, sagte Pressesprecher Jens Knetsch auf Nachfrage.

Wie über das Schicksal der Oberhausener Filiale lässt sich auch über die Hintergründe der sinkenden Verkaufszahlen der Marke nur spekulieren. Fest steht jedoch, dass das Image des Unternehmens, das einst für lange Schlangen vor den Verkaufsläden sorgte und vor Eröffnungen Großeinsätze der Polizei nötig machte, in letzter Zeit gewaltig beschädigt wurde.

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Im vergangenen Jahr war Abercrombie & Fitch immer wieder in die Schlagzeilen gekommen. So berichteten Mitarbeiter von einem 24-seitigen Handbuch, das den Angestellten nicht nur den Umgang mit den Kunden, sondern auch das Styling bis hin zur Fingernagellänge vorschreibe. Angestellten des Frankfurter Hollister-Geschäfts beschwerten sich über Taschendurchsuchungen, die nach Dienstschluss durchgeführt worden sein sollen. Amerikanische Medien berichteten über einen Rechtstreit zwischen dem Modeunternehmen und einer ehemaligen Mitarbeiterin, die wegen ihres Kopftuchs gefeuert worden sein soll. Firmenchef Mike Jeffries brüskierte die Öffentlichkeit wiederholt durch Aussagen, nach denen sich seine Mode-Marke ausschließlich an gutaussehende, coole Menschen richte und es eben Personen gebe, für die seine Kleidung nicht geschaffen sei. Erst im Sommer diesen Jahres reagierte Abercrombie & Fitch auf die Kritik und kündigte an, künftig auch Kleidergrößen oberhalb der Größe L zu produzieren.

Lädiertes Image und fehlgelaufene Marketing-Strategie

Neben dem geschädigten Image benennt Axel Augustin, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Textileinzelhandel (BTE), weitere mögliche Faktoren für den Verkaufseinbruch: „In Amerika kosten die Sachen nur die Hälfte, die Marke hat ein ganz anderes Image. In Deutschland gibt es mittlerweile unzählige Filialen, vor allem von Hollister: Die Leute sehen nicht ein, warum sie für etwas so Gewöhnliches so viel Geld zahlen sollen“.

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Arrogantes Image, dabei keine Exklusivität, und dafür viel Geld bezahlen? Es wundert nicht, dass sich vor dem einst mit viel Glanz und Glamour eingeweihten Abercrombie-Laden in Düsseldorf mittlerweile keine Schlangen mehr bilden. Auch die Gilly-Hicks-Filiale in Oberhausen ereilte ein ähnliches Schicksal: „Ich erinnere mich, wie die Eröffnung in aller Munde war“, erzählt Maria Bausch, Referentin für Damenwäsche beim BTE, „Als ‚freche Cousine’ von Abercrombie & Fitch wurde die Wäschelinie beworben. Der deutsche Wäschemarkt ist für ausländische Firmen sehr attraktiv, weil wir die größte europäische Marktwirtschaft haben. Aber nicht alle Versuche sind von Erfolg gekrönt.“

Erfolg ist nicht vorhersehbar

Auch andere Unternehmen scheiterten am deutschen Markt, wie der in Großbritannien sehr erfolgreiche Einzelhändler Marks & Spencer, so Bausch. Hunkemöller (ursprünglich aus den Niederlanden) und Calzedonia (Italien) hingegen konnten sich in Deutschland etablieren: „Das hängt immer vom Bedarf und der Konkurrenz ab und ist schwer vorhersehbar“. Und auch die Kunden können schnell verprellt werden, etwa wenn sie das Gefühl bekommen, ein Produkt gleicher Qualität für weniger Geld haben zu können. „Als es bei Real plötzlich Hollister-Produkte für 9,99 Euro gab, muss das für einen Riesen-Aufschrei gesorgt haben. So etwas kann sich katastrophal auf das Image eines Unternehmens auswirken.“

Abercrombie-Chef Mike Jeffries macht derweil einen ganz anderen Umstand für den Abwärtstrend der Verkaufszahlen seines Unternehmens verantwortlich. Demnach sei die gesunkene Kaufkraft seiner Zielgruppe der entscheidende Faktor; die jüngeren Käufer hielten sich zurück, so Jeffries. Auch für das folgende Geschäftsquartal rechnet das Unternehmen nach eigenen Angaben mit einem Umsatzeinbruch im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.