Oberhausen. Pamela Lukat sorgt auf der Musical-Bühne im Metronom dafür, dass in den Kulissen jedes Detail stimmt. Zwischen Plastik-Torten und Bettentürmen. WAZ-Autor Dirk Hein bastelt für einen Tag mit

Heute mache ich Theater. Dafür stehe ich in der Küche, gehe in die Werkstatt und schüttle eifrig Kissen auf. Für einen Tag darf ich den Job tauschen und begleite Pamela Lukat (35) hinter die Kulissen des Musicals „ich war noch niemals in New York“, das am Donnerstag, 24. Oktober, in Oberhausen seine letzte Vorstellung hat.

Lukat arbeitet in der Requisite des Metronom-Theaters. Denn was für den Glanz auf der Musicalbühne alles nötig ist, das möchte ich zum Abschied des Stückes ganz genau wissen.

Auf der Bühne dampfen echte Burger

Viele Details wirken unscheinbar, doch ohne die kleinteilige Kulisse würde so ein Musical oftmals gar nicht funktionieren. Wie kommt der Kellner an den Champagner? Warum trägt die Diva nach dem kleinen Schwarzen plötzlich das gedeckte Ausgehkleid? Und wieso ist das strubbelige Oberbett so schnell wieder im schnieken Zustand? Genau hier müssen Fachkräfte sorgsam vorher Hand anlegen. Tag für Tag, Vorstellung für Vorstellung. Und diesmal mache ich mit.

Pamela Lukat und ihre Kollegen sind die guten Geister im Unsichtbaren, die dafür sorgen, dass im Mikrokosmos Musicalbühne alles ordentlich an seinem Platz steht. Auf die Plätze, fertig, los. Aber Vorsicht, nicht zu voreilig! Denn eine Tasse ist nicht gleich eine Tasse. Das Aussehen ist genau festgelegt. Damit die Requisiten auch inhaltlich zu den Vorstellungen der Erfinder des jeweiligen Stückes passen. Und das an allen Spielorten gleichermaßen. Wie die Gegenstände aussehen müssen, erklärt eine Bühnenfibel.

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Doch bevor ich auch nur in die Nähe der Bühnenbretter darf, geht es für mich zunächst in die Küche. „Jetzt bereiten wir die Sahne vor“, sagt Pamela Lukat und deutet auf die Körbe, die Kollegen gerade von einer Einkaufstour mitgebracht haben. Eine Palette Schlagsahne, Hamburger-Brötchen, Ketchup und Tüten mit Vanillezucker.

WAZ Serie - Arbeiten vor Ort - WAZ-Autor Dirk Hein arbeitet in der Requisite des Metronom - Theater in Oberhausen
WAZ Serie - Arbeiten vor Ort - WAZ-Autor Dirk Hein arbeitet in der Requisite des Metronom - Theater in Oberhausen

Pamela Lukat erklärt: „Im Stück benutzen wir auch echte Lebensmittel, Sahne auf dem Kuchen oder dampfende Hamburger, die in der Geschichte an Bord unseres Schiffes verspeist werden.“ Die Burger werden kurz vor der Szene in der Mikrowelle der Küche zubereitet, groß genug müssen sie sein, damit die letzte Reihe sie noch erkennen kann. Ein Blick auf die Schauspielerliste ist nötig, da manche Mimen gegen bestimmte Zutaten wie Käse allergisch sein könnten.

Gut zu wissen. Ich reiße erst mal die Verpackungen der Schlagsahne auf. Die kommt in den Kühlschrank. Basis eines Arbeitstages, der um 11 Uhr beginnt und nach der letzten Vorstellung am späten Abend endet. Ich kann schon vorher einpacken – erstmal nur einen Karton. Darin lege ich sorgsam aus einem Regal Gabel und Messer, die gleich für die Show benötigt werden.

Kuchen zum Aufreihen

Damit geht es aus Küche und Werkstatt durch lange Gänge, in denen Kisten am Seitenrand stehen und Kabel unter der Decke hervorragen, direkt auf das Allerheiligste – die Bühne. Ich habe Kuchen dabei. Nicht zum Naschen, sondern zum Aufreihen. Pamela Lukat weist mich ein. „Ein dunkles Stück immer neben einem hellen Stück!“ Das Kuchenbuffet steht inmitten der Bühne. Hinten simuliert Bettenturm eine Kabine. Verstanden! Wir befinden uns auf einem Schiff.

Ausbildung dauert meistens zwei Jahre

Requisiteure gibt es beim Theater und Musical, aber auch bei Film und Fernsehen. Geprüfter Requisiteur wird man durch eine mehrmonatige Weiterbildung. Eine Ausbildung dauert meistens zwei Jahre. Hierzulande arbeiten rund 700 Requisiteure. Verdienst: Einsteiger beginnen mit 2500 Euro.

Die Kuchenparade wird für eine frühe Szene gebraucht und später neben Schrankwänden auf Rollen und Mini-Bar-Attrappen an der rechten Seite verstaut. Der Kuchen selbst ist im Gegensatz zur Sahne nicht echt, sondern ein Traum aus Plastik. Zwischen 40 und 80 Euro kostet solch eine Attrappe.

Zeit, um die optisch täuschende Echtheit der Kulisse zu bewundern, bleibt nicht. Bettenmachen! Ich klettere jetzt. Später soll die frisch gemachte Kissen-Kiste eine Luxuskabine darstellen. Aber Kissen und Überdecke machen sich nicht von selbst. Das Bett befindet sich in drei Metern Höhe. Also ran. Aufbauschen. Falten. Legen. Alles ohne Höhenangst. Am Rand des Bettes tausche ich Champagner-Flaschen aus. Ich wische Fransen an der Kante gerade. Pamela Lukat lobt: „Sieht alles wunderbar aus!“

Viel Liebe fürs Detail

Jetzt werden Regale mit Tassen eingeräumt, Sektgläser mit Magneten an Tabletts befestigt, Stoffmatten mit Fächern für Augenbrauen-Attrappen eingerollt. Der Zeitplan ist eng. Klar, zum Showbeginn muss alles picobello sein. Wenn kurzfristig eine Sofagarnitur eine Macke bekommt oder das Plastik im Sektkübel springt, muss das Team um Pamela Lukat schnell reagieren. Bei uns geht diesmal alles glatt. Alles gut für die Show. Glück gehabt!

Mein Fazit: In der Requisite benötigt man viel Liebe für kleinste und unscheinbare Details. Alles muss am richtigen Ort liegen. Kein Job für Freunde des Durcheinanders.