Oberhausen. . Sechs Politiker frühstückten bei der Caritas mit Vätern, Müttern und Kindern. Verband: „Parteien dürfen bei Sozialhilfe nicht nur vom Missbrauch sprechen“
Fehlt es in der Gesellschaft an Akzeptanz für Familien, die auf Sozialhilfe angewiesen sind? Die Frage ist kurz vor der Bundestagswahl nicht neu, scheint aber betreuten Eltern und Helfern des Caritasverbandes im Bistum Essen stärker denn je unter den Nägeln zu brennen. Bei einem Frühstück im Kesselhaus des Zentrum Altenberg hatten rund 100 geladene Familien aus Oberhausen und Mülheim Gelegenheit, in kleinen Kreisen ihre Nöte und Sorgen zu äußern.
Debatte bei Brötchen und Kakao
Die Gesprächspartner kamen aus einem Bereich, der eigentlich nicht unwesentlich auf die Situation einwirken kann. Mit Dirk Vöpel (SPD), Marie-Luise Dött (CDU), Bärbel Höhn (Grüne), Dorothea Dresenkamp (FDP), Niema Movassat (Die Linke) und Andreas Ronig (Piraten) standen sechs Bundestagskandidaten Rede und Antwort. Eine reine Podiumsdebatte der Protagonisten wollte die Caritas aber bewusst vermeiden.
„Hier sitzen die Vertreter der Parteien mit den Familien am Tisch“, sagte Andreas Meiwes, Direktor der Caritas im Ruhrbistum. „Wir wollen die Politiker mit der Realität in den Familien konfrontieren.“
Viele politische Baustellen
Zwischen aufgebackenen Brötchen, Marmelade, Kakao und Kaffee entwickelten sich schnell die Gespräche. Die Caritas hatte zuvor unter ihren betreuten Müttern und Vätern gefragt, wo überhaupt am stärksten „der Schuh drückt“. Kindergartenplatz, teure Kinderbetreuung, qualitativ gute Kitas, mehr Hilfsangebote bei Krankheit, zu wenig Schulsozialarbeit. Viele Themen trafen auch beim Frühstück den Nerv. Gerade, wenn es finanziell knapp und Sozialhilfe benötigt wird, fühlen sich Betroffene oft zu Unrecht diskriminiert. „Oftmals wird dies in der Gesellschaft mit einem Naserümpfen registriert“, äußerte sich eine Mutter. „Nicht die Nöte der Familien sind dann Thema, sondern eher das Geld, das ja plötzlich wie von alleine fließt.“
Bei den Sorgen, gerade beim „peinlichen Gefühl“, plötzlich Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, nahm Caritas-Chef Meiwes auch die Politik in der Pflicht.
Lösung der Probleme in den Vordergrund stellen
„Parteien dürfen bei Sozialhilfe nicht nur vom Missbrauch sprechen. Das sensible Thema wird aber oft auf genau diese Facette zu unrecht reduziert.“ Um die gesellschaftliche Debatte in eine andere Richtung zu lenken, müsse stattdessen viel stärker die Lösung der Probleme angegangen werden.
Vertreter der Parteien führten ihre Standpunkte aus und begrüßten das Treffen der Caritas als gute Gelegenheit, mit den Familien ins Gespräch zu kommen. Einige Probleme seien aus dem eigenen privaten Umfeld bekannt. Andere gingen aber weiter ins Detail und seien daher eine gute Anregung.