Oberhausen. Oberhausener Arbeitnehmer fehlen im Job immer öfter wegen massiver Suchtprobleme. AOK bestätigtbundesweiten Trend und benennt die zunehmende Arbeitsbelastung als eine Hauptursache.

Immer häufiger fehlen Oberhausener im Job, weil sie massive Suchtprobleme haben. Laut AOK geht bereits jeder zehnte Fehltag auf psychische Störungen zurück , worunter auch Suchterkrankungen gefasst werden. „Außerdem werden natürlich viele Leute wegen körperlicher Symptome krank geschrieben, die insgeheim auf eine Nikotin- oder Alkoholsucht zurückgehen“, so AOK-Regionaldirektor Hans-Werner Stratmann über die vermeintliche Dunkelziffer.

Er geht daher davon aus, dass der bundesweite Trend aus dem Fehlzeiten-Report 2013 seiner Krankenkasse auch auf Oberhausen zutrifft: Demnach ist die Zahl der Fehltage, die durch Suchtmittel-Konsum verursacht wurden, in den vergangenen zehn Jahren insgesamt um satte 17 Prozent gestiegen. Bundesweit häuften sich 2012 so 2,42 Millionen Fehltage an.

Probleme richtig einzuschätzen ist schwierig

Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung sieht Stratmann in der zunehmenden Arbeitsverdichtung: „Immer weniger Menschen müssen immer mehr leisten“, beschreibt er die gegenwärtige Situation. Und Martina Lenhart, Leiterin der städtischen Drogenberatungsstelle, benennt die Unausgewogenheit zwischen Berufs- und Privatleben als häufige Quelle von Suchtproblemen. „Wer zwölf Stunden am Tag für die Arbeit unterwegs ist, hat natürlich nicht mehr genügend Zeit, sich um seine sozialen Kontakte zu kümmern.“ Lange Fahrtzeiten oder die Notwendigkeit, zwei Jobs auszuüben, stünden den persönlichen Bedürfnissen unvereinbar gegenüber. „Einige sehen dann nur noch den Ausweg, sich zu betäuben.“

Für die direkten Kollegen eines Betroffenen sei es dabei unglaublich schwierig, die vorhandenen Probleme richtig einzuschätzen. „Hat er mal einen über den Durst getrunken, weil sich seine Frau scheiden lassen will oder liegt ein dauerhaftes Suchtverhalten vor? Das ist oft nicht einfach zu erkennen“, so Lenhart. Niemand wolle schließlich einen Kollegen fälschlicherweise als Trinker outen. „Das führt manchmal dazu, dass die Kollegen dem Süchtigen aus gut gemeinter Loyalität Arbeit abnehmen, um ihn im Alltag zu entlasten.“ Möglicherweise halte dies aber den Betroffenen davon ab, sich das Ausmaß seiner Sucht einzugestehen. „Und wenn das nicht passiert, scheitert jeder Therapieansatz“, ergänzt Stratmann.

Stressbewältigung als Prävention

Damit es überhaupt nicht erst zur Sucht kommt, sei massive Präventionsarbeit unverzichtbar. „Dabei geht es in erster Linie darum, den Arbeitnehmern zu zeigen, wie sie besser mit dem Stress auf der Arbeit umgehen können“, erläutert Stratmann. Bereits seit drei Jahren gehe die AOK mit entsprechenden Angeboten in Oberhausener Unternehmen. Zudem gebe es von unterschiedlichsten Trägern passende Kurse vor Ort – von Tai Chi bis hin zum Aquajogging.

Noch einen Schritt weiter zielt der Lösungsansatz, der Martina Lenhart vorschwebt. „Alle Akteure müssen diese Problematik auf dem Schirm haben: Arbeitnehmer, Arbeitgeber und auch die Politik. Sie muss Anreize für ein besseres Miteinander von Familie und Beruf schaffen“, sagt sie mit Verweis auf Skandinavien: Dort gebe es flexiblere Arbeitszeiten für junge Eltern sowie betriebliche Sportangebote während der regulären Arbeitszeit.