Oberhausen. Eine Zeitenwende erwartet 26.500 Fans am Samstagabend in Oberhausen nicht: Die britischen Metal-Legenden von Iron Maiden spielen ein Open-Air-Konzert, das in den 80er Jahren steckengeblieben scheint. Das wiederum heißt nichts Schlechtes. Als der eiserne Vorhang fällt, sind die Fans begeistert.
Schon am Anfang bröckelt schnell das Eis. Das liegt nicht an den perfekten äußerlichen Bedingungen für ein Open-Air-Konzert, die bei Temperaturen knapp unter 30 Grad einige Heavy-Metal-Fans dazu veranlasst, die schwarzen Shirts und Kutten auszuziehen und oberkörperfrei die Haar-Matte im Schüttel-Rhythmus in Bewegung zu setzen. Die britischen Heavy-Metal-Legenden von Iron Maiden lassen zu Beginn ihres knapp zweistündigen Auftritts in Oberhausen, direkt hinter der König-Pilsener-Arena, Videobilder von abbrechenden Eisgletschern auf die beiden übergroßen Leinwände projizieren.
Schon nach wenigen Minuten wird den 26.500 Fans auf dem seit Wochen ausverkauften Freiluftgelände der Weg in die Welt der klirrenden Gitarren deutlich. Selbst bei den nahegelegenen Stationen der Kulturnacht „Extraschicht“ kann man jede Zeile mitsingen. Auf dem benachbarten Gasometer recken auf dem Dach Kiebitze den Kopf Richtung Festivalgelände.
Kostüme und aufgeblasene Skelett-Monster
Kein Wunder! Es ist eine Show mit historischen Armee-Kostümen, mit aufgeblasenen Skelett-Monstern (Maskottchen "Eddie"), die pulsierende Herzen zum brachialen Takt der Instrumente in die Höhe recken. Das Konzert ist eine Gaudi mit übergroßen Stoff-Puppen, mit denen die Band Katz und Maus spielt. Die überzeichneten T-Shirt-Motive der Band werden auf der Bühne lebendig. Ein Narrentempel.
38 Jahre gibt es die Veteranen schon, die beim Konzert in Oberhausen zeigen, dass sie vom Metal-Altersheim weit entfernt sind. Knapp zwei Stunden kramen die Mannen um Sänger Bruce Dickinson (54), zwischenzeitlich gab es drei weitere Vocalisten, in der Plattenkiste und schicken die Fans auf einen kollektiven Haar-Schüttel-Marathon. Die Gruppe hat mit „Fear of the dark“ oder „The Number of the Beast“ die Messlatte hoch anlegt. In Oberhausen gibt es aber nicht nur krachende Musik für die Gegenwart, sondern eine Vielzahl von Referenzen an die Konzert-Mache der 70er und 80er Jahre.
Kutten aus dem Schrank geholt
Die Fans holen ihre bestickten Kutten aus dem Schrank. Protzige Boxentürme, dichtes Scheinwerferlicht, Stirnbänder, Feuerwerk-Fontänen, Plektrons und Schlagzeug-Sticks, die als Geschenk gen Zuschauer fliegen, dazu wehen die Haare. Das Publikum ist ein Querschnitt durch alle Generationen: Väter mit Söhnen. Söhne mit Freundinnen. Freundinnen mit Freundinnen. Iron Maiden lockt auch diejenigen, die bei der Geburtsstunde der Metaller noch gar nicht geplant waren. Das Metal-Erbe funktioniert.
Iron Maiden spielen in Oberhausen ihr einziges Konzert der „Maiden England – European Tour“ in Nordrhein-Westfalen. Beim Auftritt in Hamburg kurz zuvor kam nur weniger als die Hälfte an Besuchern zusammen. Viele Busse trudeln diesmal aus den Niederlanden ein, sogar aus Finnland reisen Fans an.
Metal-Fans geht das Bier aus
Nerviges finden die Fans am Rande. An den Bierständen. Dort hakt es zwischendurch bei der Getränkeversorgung. Lange Wartezeiten sind die Folge. Manchen Verkäufern geht das Bier aus. Festivalbesucher berichten auch von geplünderten Limo-Vorräten. Zum Konzertende läuft es wieder flüssig.
Die Band zeigt sich gesprächig. „Wer kommt hier wirklich aus Oberhausen? Oder aus Düsseldorf? Oder aus Dortmund?“, fragt Sänger Bruce Dickinson. Geografisch nimmt es der Mann aus Nottinghamshire nicht so genau: „Ich nenne euch einfach Rheinland!“ Das betrifft auch das Essen. Als Feuersäulen aus der Bühnendekoration steigen, serviert Iron Maiden das Grill-Menü. Dickinson: „Das ist Currywurst! Das ist Schweinshaxe!“
Den 26.500 Fans auf dem ausverkauften Gelände schmeckt es. Spektakel. Nostalgie. Wehende Matten. Mit Vorbands wie „Ghost B. C.“ und „Sabaton“ erhalten die Fans insgesamt rund fünf Stunden Musik, bei Ticketpreisen von immerhin um die 70 Euro. Als der eiserne Vorhang fällt, ist der Jubel groß.
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