Oberhausen. Während des islamischen Fastenmonats verzichten viele Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Speisen und Getränke. Für Dönerladen-Besitzer Adem Ugur ist der Ramadan eine besondere Herausforderung: er ist den ganzen Tag von leckerem Essen umgeben.

Adem Ugur schaut sich in seinem Laden um: frischgebackene Fladenbrote, duftendes Dönerfleisch, knusprige Teigtaschen. Und dann die Desserts. Sorgfältig aufgeschichtet liegen sie hinter Glas, kleine bunte Berge, verziert mit Mandeln und Pistazien. Daneben Tabletts voll sirupsüßer Köstlichkeiten aus Blätterteig. Es fällt dem Dönerladen-Besitzer nicht schwer zu sagen, was ihn zur Fastenzeit am meisten quält: „der Verzicht auf Süßigkeiten“. Es ist Ramadan und Adem Ugur verzichtet wie viele andere Muslime auf Speisen und Getränke – von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang.

„Ein türkisches Sprichwort sagt, der Satte kann nicht verstehen, was im Hungrigen vorgeht.“ Für Adem Ugur ist dieser Gedanke im Fastenmonat der wichtigste. Es geht ihm nicht um stumpfe Frömmigkeit, sondern um die Idee, die hinter dem Gebot steht: „Wir fasten, um zu verstehen, wie es denen geht, die Hunger leiden. Deshalb hat Gott uns diese Aufgabe gegeben.“

Gut gelaunt trotz Hunger

Der neunte Monat im islamischen Mondkalender fällt in diesem Jahr in die heiße Sommerzeit. Das allein macht es schon nicht leicht, die vielen Stunden bis zum Fastenbrechen am Abend durchzuhalten. Bei Adem Ugur kommt verschärfend hinzu, dass er ein türkisches Schnell-Restaurant mit Bäckerei und Süßwarenabteilung betreibt, den Gözde Fırın an der Unteren Marktstraße. Hier backt, brät und brutzelt der Chef persönlich. Bis zu zwölf Stunden am Tag verbringt der 44-Jährige in seinem Geschäft, die meiste Zeit davon in der Küche.

„Es ist nicht leicht zwischen all den Düften“, sagt er. Trotzdem schaut er nicht unglücklich drein. Er lacht und scherzt mit seinem Mitarbeitern und bietet dem Gast sofort einen Tee an. Die sprichwörtliche türkische Gastfreundschaft, Adem Ugur beherrscht sie auch mit leerem Magen perfekt. Die Kundschaft merkt nichts davon, dass hier einer Verzicht übt, obwohl er hart arbeitet. Nur wer es weiß, sieht, wie sein Blick ab und an zur Wanduhr wandert. „Sieben Stunden noch“, sagt Ugur, nicht frustriert, sondern ganz gelassen.

Geduldig bleiben

„Zur Aufgabe gehört es, geduldig zu sein“, sagt Ugur, der 1993 der Liebe wegen von Istanbul ins Ruhrgebiet kam. „Hungrig zu sein und trotzdem niemanden mit Worten zu verletzten“, darauf komme es während des Fastens an. Das sei es auch, was er und seine Frau ihren Kindern vermitteln wollten. Selbstbeherrschung. Und Barmherzigkeit. Mit denen zu teilen, die nichts haben. Wenn jemand in seinen Laden komme und um eine Essensspende bitte, weise er ihn niemals ab, nicht nur im Ramadan.

Und wenn sich kurz vor Sonnenuntergang der Laden füllt, mit all den muslimischen Gästen, die gefastet haben, kommt die letzte Geduldprobe für den Gastronomen: „Erst bedienen, dann selbst essen.“