Oberhausen. . Sozialdemokraten, oft verliebt in Visionen, haben in kargen Zeiten eine Lieblingsfloskel: „Sich ehrlich machen“. Die Oberhausener SPD-Fraktion hat nun mit ihren mitregierenden Grünen-Kollegen ein Ratspapier zur Stadtentwicklung vorgelegt, das den Geist zweier realistischer Einschätzungen atmet. Erstens: Die Stadtverwaltung weiß nicht alles. Zweitens: Angesichts massiver Kappung von Städtebaumitteln lassen sich die 2008 entwickelten flächendeckenden Stadtträume nicht mehr alle umsetzen.

Daraus zieht Rot-Grün zwei Konsequenzen: Man konzentriert sich auf einzelne Quartiere, entwickelt dort wenige, aber machbare ausgewählte Modellprojekte mit Ausstrahlungskraft, die private Immobilieneigentümer zu Investitionen bewegen. Man bindet Anwohner in Quartieren schon vor jeglicher Planung ein, erkundet ihre Wünsche und gleicht diese mit dem Wissen der Rathaus-Chefplaner über künftige Erfordernisse im Stadtteil ab.

„Alle Akteure im Quartier sollen sich einbringen und ihre Interessen sollen Berücksichtigung finden“, sagt Grünen-Fraktionschef Regina Wittmann. SPD-Fraktionsvize und Planungsfachmann Karl-Heinz Emmerich versichert: „Wir verstehen Stadtentwicklung nicht nur als Überplanung von Flächen und Neubau von Gebäuden, sondern als Planungsprozess, der die Bedürfnisse der Menschen, die in ihrem Quartier leben, einbezieht.“

Brückenschlag von City und Hauptbahnhof verbessern

SPD und Grüne wollen also weg von der grobschlächtigen Flugzeug-Perspektive, was wo im Stadtgebiet gemacht werden sollte, sondern hin zur kleinteiligen Wurzel-Betrachtung in den Quartieren, wie etwa dem Marienviertel.

Was in den einst zerfallenen Altstädten Barcelonas und Genuas mit staatlich geförderten Inseln aus Kneipen und Ateliers im Meer verrottender Bauten gelungen ist, nämlich Privatinvestoren anzulocken, soll auch in Oberhausen gelingen – bei drei Kernprojekten: Nach dem Abriss des Gefängnisses in diesem Jahr soll ein Gestaltungswettbewerb den Brückenschlag von City und Hauptbahnhof verbessern; das Viereck Bert-Brecht-Haus, Post/Bahnhof, Theater und Altenberg/Industriemuseum soll als Kultur- und Kreativquartier speziell gefördert werden – und regionalweit der Profilierung von Oberhausen dienen; in Osterfeld sollen die Altlasten Gartendom und HDO-Gebäude abgerissen und einer modernen altengerechten und energetisch vorbildlichen Wohnsiedlung am Park weichen.