Oberhausen.
Es gab Zeiten, da schien keine musikalische Äußerung ohne Bewegtbilder auszukommen. Mittlerweile haben sich die TV-Musiksender mit Serien-Flut (Viva) und Pay-TV (MTV) quasi selbst beerdigt.
Wer heute eine der seltene Gelegenheiten erhascht, als „Quickie“ auf dem Bildschirmen zu erscheinen, muss als Künstler schon kräftig angesagt sein. Oder er muss sich in den Massenkampf ins Internet stürzen, wohin viele Musikvideo geflüchtet sind.
Ein Kurzfilm zum Song
Nun müsste einem bei scheinbar so geringer Wertschätzung für die Musik-Bild-Kombination um den MuVi-Preis der Kurzfilmtage eigentlich angst und bange werden. Doch bei seiner 15. Auflage wirkt die Preisvergabe selbstbewusster denn je.
Die Clips, die hier im Wettbewerb laufen, müssen nicht mit quiekenden Teenie-Bands oder finsteren Rap-Rüpeln konkurrieren. Es ist Musik, die oftmals mit elektronischem Minimalismus wie eine Collage wirkt und solch eine dann auch visuell zur Folge hat. Ein Kurzfilm zum Song. Hallo Musikvideo!
Das Genre bewegt sich in einem Mikrokosmos. Es ist eine Spielwiese für besondere Einfälle und bietet Gestaltungsmöglichkeiten, die über massenkompatibles Berieselungsniveau hinausgehen.
Düstere Schwarz-Weiß-Collagen
Kostprobe: Sieger Željko Vidović verknüpft Leben und Tod mit düsteren Schwarz-Weiß-Collagen, geißelnder Nacktheit und schnurrenden Sangesstimmen. Ungewöhnlich, mutig und: preiswürdig.
Bei „Moth Race“ von Heinz Emigholz fliegen Fleisch und Wolf durch die Abflughalle eines Flughafens. Ein stilistisch sparsamer, aber inhaltlich weitgreifender Zusammenschnitt. Heike Aumüller verfrachtet bei „Therapeutikon“ auf packende und schaurige Weise eingeengte Personen in einen kahlen Raum. Ein Stück Wahnsinn mit intensiver Bildsprache.
Jury probte eine Revolution
Auch diese beiden Filme erhielten den ersten Preis der Jury, bestehend aus Isabelle Gaudefroy, Christian Höller und Michel Klöfkorn. Damit probte die Jury eine Revolution. Statt der Plätze eins bis drei, gab es diesmal drei Sieger. Den Publikumspreis erhielt zudem Andreas Menn („Left on a Little Farm“).
Früher lief der MuVi-Preis auf „Viva Plus“. Heute wird es schwierig, einen TV-Sender zu finden. „Wir wollen unsere Zuschauer nicht überfordern“, heißt es bei den Fernsehmachern. Die Kurzfilmtage sollten selbstbewusst genug sein, um mit solchen Antworten klarzukommen.