Oberhausen. Eine Woche lang sollten 8.- und 9.-Klässler des Elsa-Brändström-Gymnasiums so oft wie möglich auf ihr Handy verzichten. Für die Schüler war es eine Ausnahmesituation, über die sie Tagebuch führten. Die Erfahrung war für manche einschneidend: “Ich fühlte mich wie ein Außenseiter“. Ein Experiment und seine Folgen.
Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Handy und schalten es nicht ein. Was ein Entschluss von solcher Tragweite für Folgen hat, erfuhren Schüler aus den 8. und 9. Klassen des Elsa-Brändström-Gymnasiums. Oberstudienrat Marco Fileccia forderte die Jugendlichen, alle Teilnehmer des Kurses „Medienscouts“, zu einem Experiment auf. „Sie sollten ihre Handys eine Woche lang so oft wie möglich ausgeschaltet lassen“, sagt der Lehrer über die Handy-Abstinenz in der vorösterlichen Fastenzeit.
Den Sinn und Zweck der Aktion erklärt Fileccia so: „Die Schüler sollten darüber nachdenken, wie selbstverständlich sie ihre Handys nutzen.“ Über die Ausnahmesituation führten die 13- bis 15-Jährigen Tagebuch. Am Ende der harten Woche kam Matthias (13) zu einer beinahe Loriot’schen-Erkenntnis: „Man kann zwar auch ohne Handy leben, aber man muss es auch nicht.“ Zur Erinnerung: Loriot, der Altmeister des Humors, hatte einst über seine geliebten Hunde gesagt: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“
Ständig erreichbar sein
Auch für viele Jugendliche scheint ein Leben ohne Handy sinnlos. Atchana (14) wirft die Frage auf: „Handy gleich Fernbedienung des Lebens?“ Sie kommt zu dem Schluss: „Also bei Jugendlichen finde ich schon, dass viele ohne ein Handy nicht mehr leben. Denn, wenn sie ihr Handy 24 Stunden nicht anhatten, haben sie ein schlechtes Gefühl und kommen ohne nicht mehr klar.“
Dieser besonders bei Mädchen verbreitete Glaube, 24 Stunden erreichbar sein zu müssen, ist auch etwas, was Fileccia bei dem Experiment besonders aufgefallen ist. „Diesen Gedanken finde ich nicht gut“, sagt der Lehrer. Aber Annika (15) lässt ihr Handy dennoch auch nachts eingeschaltet: „Meine Freundin könnte ein Problem haben.“ Saya (14) erklärt: „Sollte es in meiner Familie einen Notfall geben, muss ich erreichbar sein.“
Dem Lehrer fiel noch etwas auf: „Handys sind mehr als Kommunikationsmittel.“ So beklagte Matthias auch: „Ich spiele viel mit dem Handy. Das hat mir gefehlt.“ Eine ähnliche Abhängigkeit sieht er dann auch nur beim Computer.
Tagebucheinträge der Schüler
Bei einem anderen Experiment hatten Schüler der Jahrgangsstufe 9 übrigens mal geklickt, wie oft sie in 24 Stunden aufs Handy schauen. Das Ergebnis: im Schnitt alle vier Minuten.
Das Handyfasten und die Folgen, festgehalten in Tagebüchern der Schüler:
Aleks (14): „Liebes Tagebuch, da ich kein Handy mehr hatte, unternahm ich das ganze Wochenende etwas mit meinem Bruder.“
Rebekka (14): „Heute hatte ich mein Handy nicht immer bei mir, die Frage nach der Uhrzeit machte mich wahnsinnig. Und ich hatte immer den Drang, Musik zu hören.“
Atchana (14): „Ich fühlte mich wie ein Außenseiter. Jeder hatte ein Handy in der Hand, nur ich hatte keins. Genau das macht mich aber stolz, dass ich es geschafft habe, nicht auf die anderen zu hören.“
Leonhard (14): „Als es Abend war, lag mein Handy auf dem Tisch, und ich entschied mich, es einmal kurz abzuschalten (21.15 bis 21.22 Uhr), da ich unbedingt wissen musste, ob mir jemand eine SMS geschickt hatte.“
Brian (14): „Am Ende des Tages war ich ziemlich müde, wegen des Drucks, nicht das Handy anzumachen. Seit das Experiment angefangen hat, fühle ich mich so, als würde mir etwas fehlen.“
Matthias (13): Als die Stunde dann zu Ende war und die große Pause begann, fehlte mir das Handy schon sehr, da ich eigentlich in der großen Pause mit meinem Handy spiele. Statt dessen saß ich nun ein bisschen ratlos rum und unterhielt mich mit meinen Freunden.“