Oberhausen. Den Grünen in Oberhausen wird Heuchelei und Doppelmoral vorgeworfen: Grund dafür ist der Stundenlohn von vier Euro für ein sechsmonatiges Praktikum im Bundestagswahlkampf. Dabei tritt die Partei für einen Mindestlohn von 8,50 Euro ein.

Siebeneinhalb Monate vor der Bundestagswahl werden die Oberhausener Grünen und ihre NRW-Spitzenkandidatin Bärbel Höhn von einem für sie verheerenden Echo überrollt: Der für einen Mindestlohn von 8,50 Euro eintretenden Partei wird von Politikern und Sozialexperten Doppelmoral und Heuchelei vorgeworfen.

Arbeiten für vier Euro Stundenlohn

Vor allem die von den Grünen gewünschten Einstellungs- voraussetzungen für die sechsmonatige „Praktikanten“-Arbeit im Bundestagswahlkampf werden gerügt: Konzepte entwickeln, strategisches Denkvermögen einbringen, selbstständig arbeiten, die Bereitschaft, an Abenden und an Wochenenden tätig zu sein – für vier Euro Stundenlohn. Die Grünen rechtfertigen sich: Viele Praktika werden sonst gar nicht bezahlt.

„Was die Grünen da für Anforderungen stellen, das ist für mich kein Praktikum“, sagt der Oberhausener Caritas-Vorstand Reinhard Messing. „Wir haben Praktikanten, die ihr höchstens drei Monate dauerndes Praktikum für ihr Studium benötigen, aber die leiten wir an, in die investieren wir und die müssen nicht selbstständig arbeiten.“

Große Empörung bei Politikern

Der Oberhausener Pirat und Bundestagskandidat Andreas Ronig wirft Höhn einen „Verrat an ihren eigenen Überzeugungen zum Thema Lohndumping“ vor. Im Gegensatz zu den Grünen würden die Piraten ehrenamtlich arbeiten: „Wir sind Überzeugungstäter“.

Für FDP-Fraktionschef Hans-Otto Runkler ist klar, dass „ein Praktikum Kenntnisse vermitteln soll, die jemand für seinen späteren Berufsweg nutzen kann.“ Ob dies bei dem vom Oberhausener Kreisverband angebotenen Praktikum der Fall sei, müssten die Grünen „mit ihrem Gewissen selbst ausmachen“.

"Blanker Hohn"

Als „blanken Hohn“ bezeichnet der Bundestagsabgeordnete der Linken, Niema Movassat, die Stellenausschreibung. Anforderungen und Entlohnung stünden in keinerlei Verhältnis. „Hier wird eine billige Arbeitskraft gesucht, die immense Verantwortung tragen soll.“

Für den SPD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Große Brömer muss ein Minijob zeitlich so gestaltet werden, „dass dabei ein vernünftiger Mindeststundenlohn herauskommt“. Ein Praktikum oder Hospitieren von Schülern oder Studenten dürfe nichts mit der Art von Wahlkampfarbeit zu tun haben, wie sie in der Praktikumsbeschreibung der Grünen gestanden habe.

CDU-Parteigeschäftsführer Christian Benter sieht den Sinn eines Praktikums auf den Kopf gestellt: „Ein Praktikant wird unterstützt, nicht umgekehrt.“