Oberhausen. Ältere Männer, die sich überschätzen, und Schuldenberge in dieser Stadt – Extrembergsteiger Reinhold Messner sprach vor Hunderten Besuchern im Oberhausener Gasometer - für Messner ein “gigantisches Gebäude“.

Reinhold Messner der durch die Wüste Gobi lief und als erster Mensch auf den Gipfeln aller 14 Achttausender der Erde stand, liest mit Überzeugung Lokalzeitungen. „Nur da erfahre ich doch, was vor der Haustür passiert. Und wenn ich im Ruhrgebiet bin, lese ich Ihre Zeitung“, sagte er im Gespräch mit Redakteurin Stephanie Weltmann. Im ausverkauften Gasometer hatte der 67-Jährige über die Geschichte des Bergsteigens, seine eigenen spektakulären Abenteuer gesprochen.

Wie geht es einem Bergsteiger im Land der Bergleute?

Reinhold Messner: Ich war einmal unter Tage, das ist nicht meine Welt. Es gibt aber einige Ähnlichkeiten zwischen Bergleuten und Bergsteigern. Wir sagen beide, dass wir in einen Berg einsteigen. Da sind wir uns also einig.

Verstehen Städter, wovon Sie da sprechen – der Leidenschaft für Naturgewalten?

Messner: Teilweise. Am Berg lernt man, ununterbrochen wach zu sein. Ich bin viel intensiver dort, weil man mit der Natur verbunden ist – ganz ohne Kitsch. Sie fordert einen einfach immer heraus.

Kann das jeder, auf einen Berg steigen?

Messner: Ich will niemanden anregen, ins Gebirge zu gehen. Das große Bergsteigen ist gefährlich, wer es nicht von unten lernt, sollte es nicht tun.

Ältere Männer sind die größte Gefahr

Was ist die größte Gefahr?

Messner: Die Hauptgefahr sind ältere Männer, die in jungen Jahren einmal Bergsteigen waren und glauben, das können sie immer noch. Da gilt es, sich zurückzunehmen. Auch bei den großen Bergsteigern meiner Generation wird immer gefragt, was ist das nächste Abenteuer? Dann sage ich: Ich muss das nicht mehr und ich kann es auch nicht mehr machen.

Die Berge, die es in Oberhausen zu bewältigen gilt, sind Schuldenberge. Was raten Sie der Politik?

Messner: Man muss die besten Köpfe aus Deutschland und Europa hierherziehen. Schauen Sie nach Amerika. Die Amerikaner leben von der Greencard. Alle Jahre holen sie Hunderttausende, die in anderen Ländern gut ausgebildet wurden.

Also langfristige Ausdauer statt kurzfristiges Sparen?

Messner: Ja, ich würde in Deutschland auch eine Greencard schaffen.

"Der Gasometer ist gigantisch"

Sie betreiben selbst Museen. Wie finden Sie den Gasometer?

Messner: Der Gasometer ist gigantisch. Der Baum ist das Highlight, großartig finde ich, wie hier im unteren Bereich die natürlichen Stücke ausgestellt wurden und dann oben Dinge nachgebaut wurden. Das ist clever und frech im positiven Sinn.

Sie sagen selbst, Sie mögen keine Wiederholungen. Gibt es ein Wiedersehen in Oberhausen?

Messner: Wenn ich eingeladen werde. Es gab ja die Idee, eine Mount-Everest-Show hier zu machen. Das ist immer noch die Überlegung.

Sie wollen den Mount Everest in den Gasometer holen?

Messner: In Leipzig war das bereits sehr erfolgreich. Der Everest ist ein Kessel, die Idee kam von mir, sich quasi in die Mitte zu stellen, um einen herum den Gletscher, den Gipfel und dazu das Knarren der Eismassen. Dazu muss es einen 3-D-Effekt geben. Man muss es hier aber anders machen. Man könnte höher gehen, bis zum Südsattel. Und jeder kann sagen, ich war am Everest. Das ist billig, diesen Berg zu erleben, ökologisch vertretbar, sozialpolitisch vertretbar und ungefährlich.

Reinhold Messner - der Titan der Berge feiert Geburtstag

Er bestieg als erster alle Achttausender, machte Politik und begegnete einem Yeti: Reinhold Messner feiert am 17. September seinen 70. Geburtstag. Der wohl bekannteste Bergsteiger blickt auf ein bewegtes Leben zurück.
Er bestieg als erster alle Achttausender, machte Politik und begegnete einem Yeti: Reinhold Messner feiert am 17. September seinen 70. Geburtstag. Der wohl bekannteste Bergsteiger blickt auf ein bewegtes Leben zurück. © ddp
Gemeinsam mit dem Papa auf Wanderschaft: 1982 trägt Reinhold Messner seine Tochter Layla auf den Schultern, bevor es auf eine Kangchendzönga-Expedition in Nepal geht.
Gemeinsam mit dem Papa auf Wanderschaft: 1982 trägt Reinhold Messner seine Tochter Layla auf den Schultern, bevor es auf eine Kangchendzönga-Expedition in Nepal geht. © imago stock&people
Layla ist oft auf den Ausflügen ihres Papas dabei...
Layla ist oft auf den Ausflügen ihres Papas dabei... © imago stock&people
...sie stammt aus Messners Beziehung zu Nena Holguin. Mit seiner zweiten Ehefrau, Sabine Stehle, hat er drei gemeinsame Kinder.
...sie stammt aus Messners Beziehung zu Nena Holguin. Mit seiner zweiten Ehefrau, Sabine Stehle, hat er drei gemeinsame Kinder. © imago stock&people
Schon früh warb Messner für den Schutz der Umwelt. Hier ist er im August 1982 mit Solarzellen zu sehen.
Schon früh warb Messner für den Schutz der Umwelt. Hier ist er im August 1982 mit Solarzellen zu sehen.
1986 präsentierte sich Messner auf seinem neuen Wohnsitz Schloss Juval in Südtirol.
1986 präsentierte sich Messner auf seinem neuen Wohnsitz Schloss Juval in Südtirol.
Im italienischen Bozen richtete Messner sein Mountain Museum ein, dass bis heute viele Besucher anzieht.
Im italienischen Bozen richtete Messner sein Mountain Museum ein, dass bis heute viele Besucher anzieht.
Messner war zufällig dabei, als Ötzi am 19. September 1991 von Hans Kammerlander, Erika und Helmut Simon im Eis der Ötztaler Alpen gefunden wurde. Auf dem Bild ist eine Nachbildung in einem Museum zu sehen.
Messner war zufällig dabei, als Ötzi am 19. September 1991 von Hans Kammerlander, Erika und Helmut Simon im Eis der Ötztaler Alpen gefunden wurde. Auf dem Bild ist eine Nachbildung in einem Museum zu sehen. © ddp
Messner muss sich erklären: Der frühere Bergpartner, Max von Kienlin, hatte in seinem Buch
Messner muss sich erklären: Der frühere Bergpartner, Max von Kienlin, hatte in seinem Buch "Die Überschreitung" behauptet, Messner hätte Mitschuld am Tod seines Bruders Günther bei der Besteigung des Nanga Parbat vor 39 Jahren. Messner wehrte sich vor Gericht - und bekam Recht. © AFP
In Sachen Bergsteigen macht ihm keiner was vor - auch keine Schauspieler. Für den Film
In Sachen Bergsteigen macht ihm keiner was vor - auch keine Schauspieler. Für den Film "Nordwand" posiert Reinhold Messner mit Simon Schwarz, Florian Lukas and Benno Fürmann 2008 in München. © Getty Images
Heute geht der Extremsportler zwar immer noch Wandern, hält aber auch viele Fachvorträge und schreibt Bücher. Außerdem engagiert er sich als Politiker der Südtiroler Grünen. Von 1999 bis 2004 vertrat er die italienischen Grünen im Europäischen Parlament.
Heute geht der Extremsportler zwar immer noch Wandern, hält aber auch viele Fachvorträge und schreibt Bücher. Außerdem engagiert er sich als Politiker der Südtiroler Grünen. Von 1999 bis 2004 vertrat er die italienischen Grünen im Europäischen Parlament. © WAZ
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