Oberhausen. . Auf das Angebot des Ministeriums, den Unterrichtsbeginn wegen der Deutschland-Spiele verschieben zu dürfen, können Oberhausener Schulen gut verzichten
Die laxe Regelung des NRW-Schulministeriums, einen späteren Unterrichtsbeginn am Tag nach dem Fußball-Länderspiel Deutschland gegen Italien zu genehmigen, findet an Oberhausener Schulen wenig Anklang. An allen Schulen, an denen die NRZ sich gestern umhörte, beginnt der Unterricht am Freitag zur regulären Uhrzeit. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hatte den Schulen freigestellt, ob sie den Unterricht wegen des späten Anstoßes um 20.45 Uhr eine Stunde später beginnen lassen oder nicht. Voraussetzung: Es darf kein Unterricht ausfallen.
Von dieser Möglichkeit wollen die meisten Oberhausener Schulen keinen Gebrauch machen. Axel Henn, stellvertretender Schulleiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule, hält das Angebot gar für „eine Schnapsidee“. Es ließe sich nicht garantieren, dass tatsächlich kein Unterricht ausfiele. „Wir könnten ja generell erst um zehn anfangen“, witzelt der Lehrer. „Dann könnten wir alle ausschlafen und die Schüler ihren privaten Verpflichtungen nachkommen.“
Wenig Verständnis für späteren Unterrichtsbeginn
Wenig Verständnis für das Ansinnen zeigt trotz aller Fußballeuphorie auch Rolf Winkler, Leiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Wegen des Spiels den Unterrichtsbeginn zu verschieben, habe für ihn einen „populistischen Beigeschmack“. Außerdem setze das Ministerium die Schulen durch eine solche Ausnahmeregelung unter Druck, weil sie gewisse Erwartungen schaffe. Dass viele Schüler am Freitagmorgen wohl etwas müder als sonst in die Schule kommen werden, sehe man gelassen. „Wenn so etwas nicht ständig vorkommt, können die Schüler ein bisschen weniger Schlaf als üblich auch mal wegstecken – das macht nichts kaputt“, so Winkler.
Gar nicht zur Diskussion steht das Thema Fußball dagegen an den Grundschulen: Peter Kovac, Leiter der Astrid-Lindgren-Schule, sieht in der Linie des Schulministeriums gar ein Symptom für eine Gesellschaft, in der es zunehmend als normal gilt, wenn Kinder wegen ausufernder Freizeitaktivitäten immer später zu Bett gehen. „Oft erst zwischen 23 und 24 Uhr“, sagt Kovac. „In diesem Alter halte ich das für problematisch.“
„Bildungsauftrag hat Vorrang“
Ingrid Wenzler, Leiterin der Gesamtschule Osterfeld, ergänzt: „Die Menschen und die Politik erwarten von uns, dass wir unseren Bildungsauftrag erfüllen. Die übrige Welt bietet aber ständig Anlässe, uns von diesem Ziel abzubringen“, erklärt die Pädagogin. „Davon dürfen wir uns nicht beirren lassen.“ Erika Ilgen, Leiterin der Friedrich-Ebert-Realschule, will die Fußballfreude nicht schmälern – ein Freibrief zum Ausschlafen sei dies aber auch für sie nicht. „Wir können die Stunden nicht ohne Weiteres nachholen, da die Aufmerksamkeit der Schüler nun mal frühmorgens am größten ist.“ Wenn die Lehrer allerdings merkten, dass bei den Schülern Redebedarf über das Spiel herrscht, würde dies aufgefangen. „Vielleicht müssen wir auch ein paar Tränchen trocknen.“
Die simpelste Begründung, warum am Freitag auch an der Katholischen Hauptschule St. Michael „Dienst nach Vorschrift“ angesagt ist, liefert Schulleiter Thomas Betting: „Wer feiern kann, der kann auch arbeiten.“