Oberhausen. SPD und Grüne wollen ein flächendeckendes Tempolimit in der Stadt. Doch welche Folgen hat dieses Vorhaben für Firmen, Verkehrsbetriebe und Stadtplanung? Die NRZ fragte nach.
Noch sind die Tempo-30-Zonen im städtischen Straßennetz in der Unterzahl. Wenn es nach SPD und Grünen geht, soll sich das bald ändern: Im Fall eines Regierungswechsels 2013 wollen die beiden Parteien von den 50 Stundenkilometern als innerörtlicher Regelgeschwindigkeit abrücken – zugunsten von mehr Sicherheit, weniger Lärm und Umweltverschmutzung. Was ein stadtweites Tempolimit darüber hinaus für Oberhausen bedeutete? Die NRZ fragte nach.
„Diese Regelung könnte uns in den Ruin treiben“, sagt Ralf Simmuteit von der Geschäftsleitung des Kurier-Dienstes Oberhausen. „Die Fahrtzeiten würden sich um etwa 20 Prozent verlängern. Wir könnten also viel weniger Aufträge annehmen.“ Das Kurierunternehmen, das unter anderem produzierende Firmen mit dringend benötigten Ersatzteilen beliefert, müsste spürbare Einnahme-Einbußen hinnehmen. „Am Ende kann das dazu führen, dass wir unseren Fuhrpark verkleinern und weniger Personal brauchen“, so Simmuteit.
IHK: „Alle Unternehmen betroffen“
Mit großer Skepsis reagiert auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) auf die rot-grünen Verkehrspläne. „Dieses Vorhaben würde eigentlich alle Unternehmen betreffen. Angefangen von den Taxi-Betrieben über die mobilen Pflegedienste bis hin zu den Zulieferer-Firmen“, ist IHK-Verkehrsexperte Gerd Hammer überzeugt. Wer die gestiegenen Fahrt- beziehungsweise Transportkosten nicht an seine Kunden weitergeben könne, laufe Gefahr, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten, so Hammer. „Wir würden daher lieber den Weg gehen, weitere Tempo-30-Zonen auszuweisen statt auf ein flächendeckendes Tempolimit zu setzen.“
Wie Sabine Müller, Sprecherin der Verkehrsbetriebe Stoag bestätigt, dürfte letzteres für den Oberhausener Busverkehr längere Fahrtzeiten bedeuten. Was wiederum eine Grundsatzentscheidung nötig machte: Entweder dünnt die Stoag die Fahrpläne der einzelnen Linien aus oder sie muss ein Kosten-Plus aufgrund des höheren Personal- und Fahrzeug-Bedarfs in Kauf nehmen. Die zweite Variante ließe sich dabei wohl kaum ohne Fahrpreiserhöhungen realisieren. Denn: „Wir haben unser Sparpotenzial heute schon fast restlos ausgeschöpft“, sagt Müller.
Die Stadt Oberhausen stünde im Falle einer stadtweiten 30er-Zone vor einer regelrechten Mammutaufgabe. „Die Hierarchie des bisherigen Verkehrsnetzes wäre komplett auf den Kopf gestellt und müsste neu überplant werden“, sagt Stadtsprecher Uwe Spee. Bislang seien die rund 100 Tempo-30-Zonen allesamt darauf ausgerichtet, den Verkehr von den Wohngebieten auf die Hauptverkehrsstraßen zu lenken. „Wenn aber plötzlich überall Tempo 30 gilt, gibt es zunächst mal keinen Anreiz mehr, die größeren Straßen zu benutzen“, so Spee. Mit Hilfe zusätzlicher baulicher Maßnahmen wie etwa Bremsschwellen müsste der Auto-Verkehr aus den Wohngebieten hinaus gelotst werden.
Stadtweites Tempo-Limit: Weniger Unfälle, weniger Schwerverletzte
Die Deutsche Verkehrswacht in Oberhausen spricht sich für eine flächendeckende 30-Zone aus. „Wenn innerorts langsamer gefahren wird, dann gibt es weniger Unfälle und weniger Schwerverletzte“, betont der Vorsitzende Dieter Elsenrath-Junghans.
Der Grund: Bei Tempo 30 verkürzt sich der Anhalteweg eines Fahrzeugs auf 10 bis 15 Meter. Zum Vergleich: 30 bis 35 Meter beträgt der Anhalteweg bei Tempo 50.
Außerdem reduziert sich so die Aufprallwucht bei einem Unfall. Daher werden schwere Verletzungen seltener.
Einzige Einschränkung: Die Verkehrswacht will Ausnahmeregelungen in puncto Geschwindigkeit bei großen Zufahrtsstraßen.