Oberhausen. . Zugekokst, mit zwei Messern und zwei Schreckschusspistolen bewaffnet und in Armee-Kluft hatte sich ein 30-Jähriger im Oktober 2011 in Oberhausen eine Schießerei mit der Polizei geliefert. Am Duisburger Landgericht wird dem Schützen nun wegen versuchten Totschlags der Prozess gemacht.

Erst besorgte sich der 30-Jährige drei Gramm Kokain, schnupfte davon die Hälfte, dann zog er seine Armee-Kluft an, steckte ein Klapp- und ein Fleischermesser ein, packte noch zwei Schreckschusspistolen dazu und ging mit seinem Hund gegen Mitternacht auf die Straße, um sich ein Taxi vom Knappenviertel in die Oberhausener City zu nehmen.

„Der sucht Ärger“, hatte der Taxifahrer noch gedacht. Wie jedoch dieser Oktoberabend 2011 weiter eskalierte, was dem türkischstämmigen 30-Jährigen den Titel „Schütze von Oberhausen“ einbrachte, daran will sich der Beschuldigte nicht mehr erinnern können. Dienstag begann seine Verhandlung vor dem Landgericht Duisburg, unter anderem wegen versuchten Totschlags. Ein zäher Prozess mit vielen Unterbrechungen, weil der Angeklagte immer noch gesundheitlich mit den Folgen dieses Abends zu kämpfen hatte.

Wichtiger Zeuge zieht Aussage zurück

Zäh ebenso, weil ein wichtiger Zeuge überraschend seine im Polizei-Protokoll gemachten Aussagen bestritt und auch manche Angaben der beteiligten Polizeibeamten über den Einsatz vage blieben. Was sich nach den Aussagen von sechs verschiedenen Zeugen zusammentragen lässt, klingt nach langsamer Gewalteskalation wie aus dem Film „Falling Down“: Er lässt sich von einem Taxi zu einem Kiosk an der Flaßhofstraße bringen. Dort kauft er eine Flasche Wodka. Als er drinnen einen Joint rauchen will, bittet ihn der Besitzer – beide kennen sich recht gut – nach draußen. Dort entbrennt ein Streit mit einem Dritten. Der Beschuldigte zieht seine Schreckschusspistole und schießt.

Später versucht er an einem Taxistand mit gezogener Waffe nach Emmerich zu kommen, doch der Fahrer merkt, dass die Pistole nicht scharf ist und flieht. Darauf versucht der 30-Jährige mit der Waffe verschiedene Autos zu kapern. Schließlich erreicht die Polizei den Tatort, es kommt zu Schusswechseln, bei denen die Polizisten den Beschuldigten in Brust und Bauch treffen. Im anschließenden Handgemenge verletzt er die Beamten mit seinem Messer zum Teil schwer.

Polizei ging von scharfer Waffe aus, aber es war eine Schreckschusspistole

Vor Gericht bestritt nun der Kioskbesitzer als wichtiger Zeuge weite Teile des von ihm unterschriebenen Polizeiprotokolls. Es sei ein „krasser Abend“ gewesen, so der Besitzer entschuldigend, er könne sich an seine Aussagen nicht erinnern und habe zum Teil wohl nur bestätigt, was die Polizei ihm erzählt habe. Vieles von dem, was dort an Ereignissen und Wortlauten festgehalten wurde, könne er aber nicht gesehen und gehört haben, gab er nun an. Dazu zähle auch die angebliche Auskunft des türkischstämmigen Beschuldigten, er wolle sterben. „Das kann ich nicht verstanden haben“, so der Kioskbesitzer, „ich spreche kein Türkisch“.

Auch die Frage, ob die Polizei nicht wissen konnte, dass der Beschuldigte "nur" eine Schreckschusspistole trug, beschäftigte die Verteidigung. Denn diese Information hätten die Beamten von den Taxifahrern und dem Kioskbesitzer erfahren können. Vor Ort sei man, so ein Zeuge der Polizei, von dem schlimmsten Fall – einer scharfen Waffe – ausgegangen. Weder am Klang der Schüsse habe man dies erkennen können, noch an der Tatsache, dass es durch die wilde Schießerei des Beschuldigten keine Kugeleinschläge in der Umgebung gab.

Unklar bleibt ebenso das Motiv des Beschuldigten. „Es begann eigentlich wie ein ganz normaler Tag“, zeigt sich dieser ahnungslos. Über sieben Stunden dauerte die Verhandlung am ersten Tag. Am 25. Juni soll der Prozess vor dem Landgericht fortgeführt werden.