Oberhausen. . Michael Brandt ist oft Nacht für Nacht unterwegs, um Katzen einzufangen, die verletzt sind, die ausgesetzt wurden, die wild draußen leben und kastriert werden müssen, damit sie sich nicht endlos vermehren. Er unterstützt die Arbeit der Katzenhilfe Oberhausen, die von Eveline Müller geleitet wird, die ebenfalls wie Brandt immer wieder zu nächtlichen Einfangaktionen aufbricht.

Wie heißt es an einer Stelle in Colin Cotterills Roman „Briefe an einen Blinden“: „Vergiss den Planeten, rette den Garten!“ Wer Michael Brandt an diesem Abend beobachtet, sieht eine Gartenrettungsaktion der besonderen Art. Der Tierschützer der Katzenhilfe Oberhausen konzentriert sich auf seine Sache und macht sie richtig gut: Er rettet Katzen. Oft Abend für Abend bis spät in die Nacht - manchmal monatelang am Stück täglich.

Michael Brandt ist der, der für die Katzenhilfe rausfährt, wann immer verletzte Tiere eingesammelt und in die Klinik gebracht werden müssen. Der ausgesetzte Hauskatzen einfängt, damit sie an neue Besitzer vermittelt werden können. Er ist der, der wilde Tiere in häufig großangelegten Kastrationsaktionen in Fallen lockt, damit sie kastriert und weiteres Katzenelend so gemindert werden kann. Diese Tiere werden später in ihrem Revier wieder ausgesetzt, aber gefüttert - von netten Anwohnern oder der Katzenhilfe.

Auch an diesem Abend ist der Oberhausener zu seinem - jetzt ehrenamtlichen Job - nach dem Job aufgebrochen. Eine Frau von der Jägerstraße hat ihn nachmittags angerufen. Dort füttern Anwohner wildlebende Tiere, eine Mutter mit ihrem Jungen. Die Mutter sei verletzt, hinke. Brandt fährt also los. Steuert seinen Wagen über die Straßen. Auf den Rücksitzen und im Kofferraum Käfige. Im eigens für die Tierschutzarbeit gekauften Anhänger automatische und manuelle Fallen. Unterwegs ein kurzer Stopp am Imbiss: „Ein halbes Hähnchen - nicht nachgewürzt bitte.“ Katzen lieben Grillhähnchen, das Fleisch ist ein wunderbarer Köder für die Fallen.

An der Jägerstraße empfangen ihn die Anruferin und auch Annika (9). Annika mag die wilden Katzen. Sie ist froh, als sie hört, dass die Mutter und die junge, aber bereits erwachsene Katze nach der Kastration wieder zurückgebracht werden. Ob sie den Katzen Namen gegeben habe? „Nein noch nicht“, sagt das Kind.

Katzenkrimi

Dann beginnt der nächtliche Katzenkrimi. Natürlich ist gerade jetzt keine Katze in Sicht. Weil hier Leute sind, die sich kümmern, die sofort Decken über die Fallen werfen werden, sobald ein panisches Tier da drin sitzt, kann Brandt die automatischen Fallen aufstellen und allein lassen. Er legt Hähnchenspuren. Und schon geht es weiter nach Bottrop zur Paßstraße. Dort wurde ein total verfilzter Perser gemeldet.

Auch hier war es eine Anwohnerin die angerufen hat. Sie hat dem Perser, als es so kalt war, die Tür vom Gartenhaus geöffnet gelassen, füttert den Kater. „Er sieht schrecklich aus“, sagt sie. Noch während Brandt mit der Bottroperin beratschlagt, wo er seine Falle am besten aufstellt, kommt ein Anruf von der Jägerstraße: „Das hinkende Muttertier sitzt in der Falle.“ Ein erster Erfolg.

Not-Operation

Aber wird sich der Perser so leicht fangen lassen. Brandt stellt seine Falle an der Gustav-Heinemann-Realschule direkt an der Wegstrecke des Persers auf. Es ist wiederum ein freundlicher Nachbar, der sich bereit erklärt, ein Auge darauf zu haben. „Fallen dürfen niemals unbeaufsichtigt stehen bleiben“, sagt Brandt. Katzen, Fluchttiere, könnten sich aus Panik schwer verletzten, wenn nicht sofort eine schützende, Dunkelheit spendende Decke über die Falle gelegt wird. „Und es könnten ja auch Freigänger in die Falle geraten, was glauben Sie“, fragt der Experte, „wie so ein Tier drauf ist, wenn es wieder in seine Familie kommt.“

Dem freundlichen Nachbarn lässt Brand eine Decke da, für die Falle. Dann geht es wieder zu Jägerstraße. Da sitzt jetzt auch die junge Katze auf dem Hof - jedoch nicht in der Falle. Für die Mama, die Brandt nun in einer heiklen Aktion in einen Käfig umsetzen muss, hat sich Annika jetzt einen Namen ausgedacht: Elisabeth. Brandt packt Elisabeth ein. Düst wieder nach Bottrop. „Manchmal lege ich 1500 Kilometer pro Woche zurück, ich bin froh, dass ich auf Autogas fahre“, sagt Brandt. Denn Spritgeld, Futter für ihre vielen Pflegetiere und vieles mehr zahlen die Tierschützer aus eigener Tasche. Ansonsten sind sie dringend auf Spenden angewiesen.

Tätowierung ist ausschlaggebend

In Bottrop ist die Falle zugeschlagen. Drin sitzt aber nicht der Perser, sondern ein anderer Kater. „Er ist nicht tätowiert“, leuchtet Brandt kurz mit der Taschenlampe die Öhrchen des Tieres an. Ob er einen Chip hat und einem Besitzer zugeordnet werden kann, wird sich in der Klinik zeigen. „Es ist ein Problem, wenn Leute ihre Freigänger weder tätowieren, noch chippen“, sagt Brandt. Gerade bei Katzen mit Tätowierung wüsste man sofort, sie sind kastriert. Sie würden gleich wieder freigelassen. Die anderen müssten in die Klinik, weil es immer wilde unkastrierte Tiere sein könnten. Bei weiblichen Katzen ließe sich sogar nur durch eine OP feststellen, ob sie kastriert seien.

Der Tiger kommt in einen Käfig und auch ins Auto. Jetzt geht es zur Kleintierklinik Duisburg-Asterlagen, mit der die Katzenhilfe zusammenarbeitet. „Ohne deren Unterstützung wäre unsere Arbeit gar nicht möglich“, sagt Brandt. In der Klinik schildert er kurz die Geschichte der Tiere. Ihre Namen. Elisabeth, und der fremde Kater ist jetzt Kater Klaus. Sie sind die Tattoo-Nummern mit der Endzahl 89 und 90.

Eigentlich hätten sie 88 und 89 sein sollen. Aber zwischenzeitlich hat noch Eveline Müller, die die KHO federführend leitet, auf dem Autotelefon angerufen. Die Nummer 88 hat eine Katze mit Gebärmutterentzündung bekommen. Müller: „Eine Dame hat bei uns angerufen und fürchterlich geweint, sie konnte die 700 Euro für die lebensrettende Not-OP einfach nicht aufbringen.“ Die KHO sprang ein. Die Katzenbesitzerin will alles zurückzahlen.

Freiwilliger Dienst bis spät in die Nacht

So, die beiden gefangenen Tiere sind in Asterlagen. Im Gegenzug packt Brandt drei kleine schwarz-weiße Kätzchen aus der Klinik ins Auto. Auf geht es ins 45 Kilometer entfernte Schermbeck. Das Katzen-Trio stammt aus einer Kastrationsaktion der KHO mit 16 Tieren auf einem Bauernhof. Dort kümmert sich eine Bottroperin, die Land und eine Laube vom Bauern gepachtet hat, um die Katzen. Die Tiere, die in einem schlimmen Zustand waren, verwurmt, verfloht, mager, sind nun medizinisch versorgt und kastriert. In dunkelster Nacht empfängt die Bottroperin Brandt auf dem Hof. Man bahnt sich mit Taschenlampen den Weg zu einer Scheune, dem Zuhause der Kätzchen. Kaum aus ihren Körben entlassen, verschwinden die Drei im Heu.

Rückfahrt nach Oberhausen. An der Jägerstraße sitzt jetzt auch die Tochter der hinkenden Mutter in der Falle. Und was ist das? Auf der Wiese hinter dem Haus ist ein zweites Katzenkind mit der Mäusejagd beschäftigt. „Ich wusste doch, dass hier noch mehr sind“, sagt Brandt.

Doch alle Versuche, die Kleine auch noch einzufangen, scheitern. Brand gibt auf. Morgen ist auch noch ein Tag bzw. eine Nacht. Er packt das eingefangene Kätzchen ins Auto. 1.30 Uhr. Schicht für heute. Morgen dann wird er weiter gerettet dieser Garten mit seinen vielen, vielen verwaisten Katzen. Und die werden immer mehr, weil sich die Menschen nicht mehr so gerne auf eine Sache konzentrieren - schon gar nicht auf Haustiere, für die sie einmal die Verantwortung übernommen haben.

P.S.: Katze Elisabeth, die vermeintliche Mama der Jungtiere, entpuppte sich in der Klinik als Papa Eddie.

Die Mutter, dann Herta genannt, wurde einen Tag später eingefangen. Die zweite kleine Katze ließ sich ebenfalls in die Falle locken lassen. Kater Klaus war auch nicht kastriert.

Wichtig: Bürger, die sich melden

Damit wilde Katzen möglichst schnell kastriert werden können und sich so nicht rasend vermehren, ist die Katzenhilfe auf Informationen der Bürger angewiesen. Netten Menschen, die die Tiere füttern, gibt Michael Brandt von der KHO den Tipp, sie am besten abends um 18, 19 Uhr an feste Futterzeiten zu gewöhnen.

„Dann können wir mit den Anwohnern einen Einfangtermin vereinbaren“, sagt er. Kurz davor, sollte weniger gefüttert werden, damit die Tiere auch richtig Hunger haben und in die Fallen gehen. Brandt hält gar nichts davon, Leuten Fallen einfach in die Hand zu drücken. „Der Umgang damit ist nicht einfach“, sagt er. Und „scharfe Fallen“ sollten niemals unbeaufsichtigt stehen gelassen werden.

Normale Einfangaktionen sehen bei Brandt übrigens so aus, dass er manuelle Fallen aufstellt, also solche, die durch Ziehen an einem Band geschlossen werden können. „Oft sitze ich stundenlang in einem Gebüsch oder hinter Mülltonnen und warte darauf, dass die Katzen in die Falle gehen“, sagt er.

Helfer und Spenden

Die Katzenhilfe Oberhausen ist immer auf der Suche nach Menschen, die im Katzenhaus mithelfen, die Tiere vorübergehend bei sich aufnehmen. Oder auch nach Katzenliebhabern, die einfach eine Patenschaft für ein Tier übernehmen möchten. Eine Patenschaft ist an keine bestimmte Summe gebunden. Mehr Informationen gibt es bei Eveline Müller, 02041-25 37 7, oder unter www.katzenhilfe-oberhausen.de. Wer spenden möchte: Katzenhilfe Oberhausen, Stadtsparkasse Oberhausen, BLZ: 365 500 00, Konto Nr.: 28183.