Oberhausen. . Eine Gießkanne mit integrierter Kamera, eine Bohrmaschinen-Pistole, ausgeklügelte Abhörmethoden: die Ausstellung „Top Secret – Die geheime Welt der Spionage“ am Centro Oberhausen gibt ab dem 26. April Einblicke in die Methoden von Geheimdiensten. Im Mittelpunkt steht der Informationswahn der Stasi.
Niemand ist sicher: Ein Gefühl, das für die Menschen in der DDR zum Alltag gehörte. Mit welch ausgeklügelter Technik die Stasi ihren Informationswahn auslebte, zeigt „Top Secret – Die geheime Welt der Spionage“ ab dem 26. April.
Eine Fotokamera mit integrierter Schusswaffe aus Russland, ein Lippenstift-Messer aus den USA, ein Martiniglas mit Wanze aus England, eine Bohrmaschinen-Pistole aus der DDR – es gibt nichts, was es nicht gibt.
Fast sämtliche Exponate – die meisten aber aus der DDR – stellte Spionage-Experte Dr. Heinrich Peyers zur Verfügung. In seiner Funktion als Medizintechniker hatte der gebürtige Dungelbecker bereits früh Kontakt zu Kollegen aus der DDR. Heute weiß er: „Wer damals regelmäßig zu Kongressen oder Messen reisen durfte, war meist auch ein Stasi-Spitzel.“ Als klar wurde, dass die Wende nicht mehr aufzuhalten ist und sich das Ende des kommunistischen Regimes abzeichnete, „wurden die Zungen lockerer“.
11.000 Artefakte aus der Stasi-Zeit
„Und so erhielt ich erste Einblicke in die Abhörtechniken und -methoden der DDR.“ Als die Mauer fiel, fuhr Peyers mit dem Lkw an den Hauptsitzen der Stasi vor. „Zwei, drei Wochen lang standen die Gebäude leer, wurden teils von der wütenden Menge zerstört.“ Also packte er ein, was er tragen konnte und ließ seine Kontakte spielen, um den Rest sicherzustellen. „Bis ich die nächste Fuhre abholen konnte“, erzählt Peyers freimütig.
Die Rechtsfrage musste noch geklärt werden, doch dann stand fest: „Bis auf Filme und Dokumentationen durfte ich behalten, was ich besaß.“ Nach eigenen Angaben immerhin über 11.000 Artefakte. 57 Ausstellungen stellte Peyers auf die Beine, bis er das Angebot für eine Dauerausstellung im neu gegründeten Institut für Spionage am Centro in Oberhausen erhielt – dem er gerne nachkam.
Top Secret
Besonderes Interesse habe die Stasi übrigens an den James-Bond-Filmen gehabt. „Die glaubten, dass der Westen wirklich längst entwickelt hätte, was dort zu sehen war“, erzählt Peyers schmunzelnd. Und so ist es vielleicht auch der Fantasie der Filmemacher zu verdanken, dass die Stasi einen Fotoapparat konzipierte, mit dem man durch Schlüssellöcher fotografieren konnte. Oder – um mögliche Staatsfeinde auch in der Bahn ins Visier nehmen zu können, – eine Schuhkamera entwickelte, die im Absatz verbaut wurde. „Zielen konnte man mit dem Spann, auslösen mit der Hand.“
Die Schwalbe als Herzstück
Bei der Beerdigung von Robert Havemann (Chemiker, Kommunist und später Regimekritiker in der DDR, 1982 in Grünheide verstorben) ließ die Stasi den Friedhofsgärtner Aufnahmen von den Teilnehmern machen. Unauffällig natürlich. Durch eine Kamera, die in einer Gießkanne versteckt worden war. „Darüber war Wasser, so dass der Gärtner seine Schnappschüsse tatsächlich beim Gießen machen konnte“, plaudert Peyers.
Das Herzstück der Ausstellung aber ist die „Schwalbe“, ein Nutzfahrzeug der Marke Barkas, das die Stasi für schlappe 38.000 Ostmark umgerüstet hatte. Kamera-Sonderobjektive, Infrarot-Technik, Richtmikrofone und Hochleistungs-Aufzeichnungsgeräte nahmen auch nachts bis zu 400 Demonstranten ins Visier oder zeichneten Gespräche in geschlossenen Räumen auf.
Code-Entschlüsselungsspiele für Jung und Alt
Doch damit nicht genug: Auf über 2000 qm erfahren die Besucher in 18 Themenbereichen noch viel mehr über die Schattenwelt der Geheimdienste. Es gibt einen Laserparcours, bei dem Kinder ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen können und Code-Entschlüsselungsspiele für Jung und Alt.
Gezeigt werden außerdem technische Errungenschaften des russischen KGB, der amerikanischen CIA und des israelischen Mossad. Es gibt Einblicke in die Geschichte von Meisterspionen, von Erfolg und Scheitern. Geschäftsführer Günter Irmler verspricht: „Wenn sich auf dem Gebiet aktuell was tut, dann ist zwei, drei Tage später auch hier bei uns zu sehen.“
3 Mio. Euro investierte die „Mehr! Entertainment Gruppe“, die auch das Sea Life betreibt, in das Institut für Spionage. Damit sich die Investition lohnt, hoffen die Betreiber auf ca. 300.000 Besucher jährlich. Geöffnet ist die Ausstellung (Zum Aquarium 2) an 365 Tagen im Jahr, täglich ab 10 Uhr. Eintritt: Erwachsene 12 Euro, Kinder 8 Euro. Info: www.spionage.de