Oberhausen. Plötzliche Nachfrageschübe, wie jüngst nach den Werken Joachim Gaucks, stellen eigenständige Buchhändler vor Probleme.
Überraschende Meldungen können für den Buchhandel mitunter zu echten Kassenerfolgen führen. Sei es das Atomunglück in Japan oder jüngst die Nominierung Joachim Gaucks zum Kandidaten für das Bundespräsidentenamt – solche Ereignisse wecken das Interesse an Hintergründen, was oft eine sprunghaft steigende Nachfrage nach bestimmten Lektüren bedeutet. Die kleineren Buchhändler, auch die Oberhausener, stellt das allerdings vor Probleme.
Die Filialisten und Internetanbieter können dem plötzlichen Nachfrageschub nämlich viel besser begegnen. Sie greifen auf ihre Bestände zurück, und wenn es doch Engpässe gibt, wird in großer Menge nachbestellt. Die kleinen Händler dagegen gucken in die Röhre.
Eine Handvoll Exemplare
Beispiel Joachim Gauck: Kaum jemand konnte mit dieser Personalie zu diesem Zeitpunkt rechnen, also bestellte auch niemand Gaucks Autobiographie in ausreichender Anzahl nach oder sorgte für schnelle und umfangreiche Lieferung seines neu erschienenen Bandes „Freiheit“. Während die Großbuchläden fleißig Exemplare verkaufen, warteten die kleinen noch auf ihre Nachbestellungen – weil auch die Verlage vorsichtiger geworden seien.
„Früher war das kein Problem“, sagt Ellen Beeftink von der Buchhandlung Grauert in Sterkrade. „Da haben die Verlage noch in großer Zahl ausgeliefert. Heute aber wird versucht, das wirtschaftliche Risiko weiter zu mindern. Deshalb sind die Auflagen kleiner und der Großteil geht dabei an die Großkunden.“ Konkret bedeutet das, dass die kleinen Buchhändler, wenn überhaupt, eine Handvoll Exemplare erhalten.
„Die großen Paletten mit Büchern gehen zuerst an die Großen“, berichtet auch Uta Backmann von „Libraria“. „Wir werden stiefmütterlich behandelt. Wenn das so weiter geht, werden wir aufgekauft oder gehen pleite.“ Denn es ist ja nicht so, als hätten die kleinen Mitbewerber nicht schon genug Probleme, sich am Markt zu behaupten. Wirft der Buchhandel für sie überhaupt noch genug Geld ab?
US-Verhältnisse
„Geld verdienen wir durch Bestseller. Bestellungen sind eine Nullnummer, allerhöchstens Kundenservice“, sagt Ulrich Blohm von der Buchhandlung Blohm im Bero-Center. „Die Großen haben hier die Marktmacht. Es herrschen mittlerweile US-Verhältnisse. Klassische Buchhandlungen sind Geschichte. Beratung ist nicht mehr gefragt, nur noch ‘schnell und einfach’. Deshalb haben wir inzwischen auch andere Produkte, wie Geschenkartikel, im Sortiment.“
Angelika Lange von der Buchhandlung Eulenspiegel sieht angesichts dieser Situation auch die Kunden in der Verantwortung. Sie fordert bewusstes Einkaufen: „Die Gedankenlosigkeit kann ein Problem sein. Mancher ist zu bequem und macht sich nicht die Mühe, zu einem kleinen Buchhändler zu gehen.“
„Man muss Ideen haben“
Dass von den kleineren Händlern nicht nur Kritik kommt, beweist Wilhelm R. Kurze von der Buchhandlung Karl-Maria Laufen in Alt-Oberhausen: „Auch kleine Händler haben eine Chance, am Markt zu bestehen. Man muss nur die richtigen Ideen haben. Wir restaurieren Bücher, vertreiben sie selbst im Internet und sind im Verlagswesen aktiv. Außerdem arbeiten wir mit den großen Händlern zusammen, um beide Seiten zufrieden zustellen. Wir helfen uns gegenseitig aus.“