Gibt es eigentlich den Literatur-Nobelpreis auch für eine Stadt? Oberhausen hätte ihn sich redlich verdient. So viel, wie hier in letzter Zeit gelesen wird. Wahnsinn! Erst überrollte uns die „Lesestadt Oberhausen“ am 9. und 10. Mai. „Ein Riesenerfolg“ wie die Homepage der Stadt vermeldet, „525 Lesungen in 24 Stunden – das sind im Durchschnitt 22 Lesungen pro Stunde.“ Wenn die Macher vom Guiness Buch der Rekorde sich nicht so angestellt hätten, würde es jetzt einen Eintrag geben für Lesehausen. Macht nix, auch ohne Auszeichnung wird fleißig weitergeschmökert. Zum Beispiel in Tackenberg. Da können jetzt gespendete Bücher kostenlos ausgeliehen, gelesen und wieder zurückgebracht werden, ohne Fristen oder Mahngebühren. Der Clou: Die Krimis, Koch- und Kinderbücher liegen nicht nur in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Beratungsstellen, sondern auch in Banken, Blumenläden – und Dönerbuden. Herrlich, dieses Bild, das man gleich vor Augen hat (und das auch unseren Karikaturisten inspirierte): Einmal Döner mit alles, scharf machen, und nen Buch bitte. Lecker Literatur! Okay, es wird sich vielleicht nicht genau so abspielen wie vor unserem geistigen Auge, aber vielleicht so ähnlich. Denn eines ist klar: Die originelle Aktion wird nicht nur für Lesestoff, sondern auch für Gesprächsstoff sorgen an Orten, an denen das gedruckte Wort bisher keine große Rolle gespielt hat. Schon jetzt haben sich Erzieher beim Arbeitskreis Kinder, Jugendliche und Familien voller Dankbarkeit gemeldet: seitdem die Bücherkiste da stünde, würden auch die Lesemuffel darin wühlen. Ideen braucht es und Kreativität. Und den Mut, einfach mal ein paar Bücher dort zu deponieren, wo man sie sonst nicht erwartet. Ebenfalls mutig: das Engagement der Stadt für die 61 Schulbibliotheken. Die schulbibliothekarische Arbeitsstelle (sba), die seit 50 Jahren vorbildliche Arbeit leistet und für andere Kommunen Modellcharakter hat, erhält ihr Geld trotz allergrößter Finanznot. Nur so kann sie jetzt ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter schulen. Und die Qualität ihrer Ausstattung auf hohem Niveau halten. „Schock deine Eltern, lies ein Buch“ warb einmal eine Buchhandlung. Es könnte auch ein Slogan sein, um unsere Stadt zu bewerben.