Oberhausen. . Auf seinem Weg von Schwerin nach Luxemburg kam der Bulgare Miho Sabev bis Oberhausen. Hier ging sein Auto kaputt. Der völlig mittellose Mann schläft nun in dem Wagen auf einem Park-and-Ride-Parkplatz. Und behördliche Hilfe ist nicht in Sicht.
Lost in Oberhausen. Gestrandet auf einem Park-and-Ride-Parkplatz. Das Zuhause geschrumpft auf einen kleinen, blauen, kaputten Peugeot. Ein harter Autositz das Bett. Die Aussicht: perspektivische Perspektivlosigkeit durch eine mit schmutzig-grauen Restschneeflocken belegte Windschutzscheibe.
Die Geschichte, die der Bulgare Miho Sabev (50) erzählt und wie die Behörden auf diese Geschichte reagieren, hat etwas von einem Filmstoff, ist aber keineswegs der Stoff aus dem Träume sind. Seit zehn Tagen lebt Sabev in dem Peugeot auf dem Parkplatz an der A3, Abfahrt Oberhausen-Holten. „Ich war auf dem Weg von Schwerin nach Luxemburg“, sagt er in etwas gebrochenem Deutsch. In Schwerin hätte er für zwei Monate Arbeit als Maler gehabt. Als der Job getan war, wollte er nach Luxemburg. „Von einem Bekannten hatte ich erfahren, dass es dort Arbeit in einer Holzfabrik gibt“, berichtet der 50-Jährige. Von seinem kargen Lohn für die Malerarbeiten, der Bulgare spricht von knapp 1000 Euro, kaufte er sich für 100 Euro den kleinen, blauen Peugeot. Damit kam der Mann bis Oberhausen. Hier gab der Wagen seinen Geist auf.
Alkohol gegen den Frust
Gegen seinen Frust besorgte sich der Gestrandete etwas Promille-Lastiges zu trinken. Trank im Auto auf dem Parkplatz. Dann sei die Autobahnpolizei gekommen, habe ihm wegen Trunkenheit im Straßenverkehr eine Strafe von 300 Euro aufgebrummt, seinen Führerschein eingezogen. All das stimmt. Der Vorgang ist beim Verkehrskommissariat der Autobahnpolizei Duisburg / Moers bekannt. Allein einen Automotor in trunkenem Zustand zu starten, gilt schon als Straftat. Mag sein, dass Sabev genau das getan hat, um die Autoheizung anzustellen. Denn fahren tut der Pkw nach seinen Angaben ja nicht mehr.
Die 300 Euro, die als Strafe drauf gingen, seien sein letztes Geld gewesen, erzählt Sabev weiter. Völlig mittellos fragte er an einem Blumenverkaufshänger an dem Parkplatz nach Essen und Trinken. „So ist er uns aufgefallen“, erzählt Anke Gryszka (36). Die Oberhausenerin ist die Tochter der Blumenverkäuferin und hat sich nun des Bulgaren angenommen. Die Frau versorgt ihn mit Lebensmitteln und versucht, seinen „festgefahrenen Karren“ wieder in Fahrt zu bringen. Aber das ist schwer.
Die Polizei sagt: „So lange für den Mann und sein Auto keine Gefahr besteht, fehlt uns die Handlungsgrundlage.“
Letzter Ausweg: Obdachlosenunterkunft
Bei der Stadt könnte man höchstens mit einem Platz in der Obdachlosenunterkunft Karl-Sonnenschein-Haus dienen. Aber dort ist gerade alles voll. Bliebe nur eine Notübernachtung in einer Einrichtung in Essen oder der Gang zur Beratungsstelle des Diakonischen Werkes an der Grenzstraße. „Eigentlich müsste sich der Mann mit der bulgarischen Botschaft in Verbindung setzen“, sagt ein Stadtsprecher.
Bei der bulgarischen Botschaft in Berlin heißt es: „Wir haben eine Nebenstelle in Bonn, das ist doch viel näher dran.“ Der Leiter der Nebenstelle in Bonn wiederum erklärt: „Wir haben keine Mittel, um dem Mann die Heimreise zu bezahlen.“ Sie könnten ihm höchstens Geld, das Angehörigen ihnen überweisen, zukommen lassen. Und: „Von Köln fahren dann regelmäßig Busse nach Bulgarien.“
Ob das den Bulgaren, der ja nach Deutschland kam, weil es bei ihm daheim eben keine Arbeit und kein Geld gibt, auf den Weg bringt? Die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt, kein Happy End in Sicht.
Der Leiter der Außenstelle der bulgarischen Botschaft in Bonn, Stefan Dimitrov, sagt, dass er noch nie von einem Fall wie dem des 50-jährigen Miho Sabevs gehört hätte. Sabev wiederum sagt, dass ein Freund aus Bulgarien ihn holen wollte, das aber nicht klappe. Auch sein Bruder, der in Italien arbeitet, habe keine Möglichkeit, ihn „zu retten“. Und sein Vater in Bulgarien, mit dem er zusammenlebe, sei zu alt. Ansonsten gebe es keinen Verwandten mehr.