Beim Caritas-Aktionstag wurden seelisch und psychisch kranken Menschen Wege in das alltägliche Leben aufgezeigt
Wer am Samstagmorgen mit vollen Einkaufstüten über die Marktstraße schlenderte, konnte am Eduard-Berg-Platz an den Caritas-Pavillons hängen bleiben. Dort hingen Einkaufstüten mit der Botschaft „Respekt – alles andere kommt nicht in die Tüte”.
Die Aufforderung zu mehr Wertschätzung war auch das Oberhausener Motto bei der Veranstaltung der Caritas, die den Auftakt zum ruhrgebietsweiten Caritas-Sonntag „Respekt” bildete. Wohnungslose, Süchtige und psychisch Kranke würden schnell ausgegrenzt, sagt Reinhard Messing von der Caritas. Das solle den Menschen vor Augen gehalten werden, um die Tabuisierung solcher Probleme aufzubrechen. „Wir übernehmen quasi eine Lobbyistenfunktion für Menschen mit psychischen Problemen”, so Messing.
Daneben biete die Veranstaltung auch die Chance für seelisch Kranke, sich zu informieren – oder am positiven Beispiel Mut zu schöpfen. Am Stand des Christophorus-Hauses standen nicht nur Betreuer, sondern auch ein „Absolvent” Rede und Antwort. Das Haus hat sich darauf spezialisiert, junge Erwachsene in schwierigen Lebenszusammenhängen wieder an das Leben heranzuführen. „In zwei bis drei Jahren sollte das über die Bühne gegangen sein”, sagt Leiter Christian Jung.
Sven Becker hat diese Zeit hinter sich. Ehemals obdachlos, begab er sich in die Obhut des Hauses. Er wusste sofort, dass sich Ralf Riske um ihn kümmern sollte. Dieser wiederum findet: „Man merkt es, ob das passt oder nicht.” Als nächstes musste Sven Becker den normalen Tagesablauf wieder erlernen: Morgens aufstehen, sich mit etwas zu beschäftigen, um das Gefühl zu haben, etwas getan zu haben, sagt Ralf Riske. Das werde gesteigert bis zu einem „normalen” Tagesablauf: „Es geht um die Simulation eines normalen Beschäftigungsverhältnisses”, so Riske. Doch alleine der Tagesablauf falle anfangs schwer, sagt Sven Becker: „Da braucht man Unterstützung und einen starken Willen.” Den hatte er – und blickt nun auf ein eigenständiges Leben in der Zukunft. Wohnung, Job – alles vorhanden, aber noch ungewohnt: „Ein bisschen Angst hab' ich schon”, sagt er. „Aber das wird schon klappen.” Das Selbstvertrauen ist zurück. „Die Jugendlichen gehen deutlich verändert aus der Einrichtung”, bilanziert Ralf Riske.
Das Netz der Caritas erstreckt sich natürlich noch viel weiter. An zahlreichen Ständen präsentieren sich die Einrichtungen, überall stehen Mitarbeiter. Apropos Mitarbeiter: Gerade auch die Unterstützung durch Ehrenamtliche sei hervorzuheben, sagt Reinhard Messing. Und so haben die Freiwilligen auch einen eigenen Stand. Alles andere kommt nicht in die Tüte.