Oberhausen.
„Bücher zu Asche, zu Asche brennt das Buch!“ brüllt die Feuerwehr und stampft im Gleichschritt umher auf der Suche nach dem letzten noch übriggebliebenen Rest von Literatur, die es zu vernichten gilt. Verbrennt die Bücher, schließt die Theater und Kinos, dann hören die Leute auf zu denken!
Das ist der Auftrag der Hüter des Gesetzes in Ray Bradburys Stück „Fahrenheit 451“, für eine große Laienspielgruppe höchst eindrucksvoll in Szene gesetzt auf der „Breitbandbühne“ im Malersaal des Theaters. Wenn 31 Leute zum Teil zum ersten Mal Theater spielen, wollen Verwandte und Freunde sie sehen. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass die 88 Plätze, die das Kleine Haus bietet, wenn die große Spielfläche erforderlich ist, ausverkauft war bei der Premiere.
Immer noch erstaunlich aktuell
Regisseurin Barbara Grubenbecher und Dramaturgin Anke Weingarte ist es erstmalig gelungen, eine so große Gruppe spielfreudiger Leute - Alter zwischen 14 und 70 - zu einer gemeinsamen Aufführung zu motivieren. Mit Bradburys Zukunftsvision fanden sie eine Geschichte, die Jüngere und Ältere gleichermaßen fasziniert und für deren gemeinsame Umsetzung sie zu begeistern sind.
„Alle hatten Lust, einmal ein ,richtiges Stück’ zu spielen, anstatt in Szene zu setzen, was sie selbst bewegt“, so Anke Weingarte. Eine gute Idee, denn die Umsetzung des Projekts ist gut gelungen und die Thematik durfte, wenn das Stück im Frühjahr noch einmal auf den Spielplan gesetzt wird, auch Schulklassen zum Theaterbesuch motivieren.
Das Fernsehen verblödet
Die Anti-Utopie „Fahrenheit 451“ – obwohl bereits im Jahr 1953 kreiert – ist immer noch erstaunlich aktuell: Die Dauerberieselung durch eine Fernsehwelt verblödet die Menschen so, dass ihnen jede Wertschätzung für Qualität, Muße und Zeit nachzudenken, ja sogar für den Anspruch auf das Recht, ihr Leben selbst zu bestimmen, abhanden kommt. Sie werden (fast) freiwillig Mitglieder einer großen Fernsehfamilie, die nicht mehr unterscheiden kann zwischen Illusion und Realität. Leichte Beute für ein totalitäres Regime.
In der Aufführung treffen drei Gruppen aufeinander, eine, die für den Überlebenswillen der Bücher steht, eine, die die TV-Bespaßung mimt und die Feuerwehr als Hüter der Staatsinteressen. Als Chöre sprechen sie die Texte. In den Hauptrollen treten Tobias Amoriello (Feuerwehrmann Guy Montag), Guido Horn als sein Chef sowie Nola Friedrich als Nachbarsmädchen, Trautel Faber als Betty und Constanze Weber als James Krüss und Tim Thaler hervor.