Oberhausen. .
„Oberhausener Pastor Brachthäuser vom Dienst suspendiert“, titelte die WAZ Mitte August. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hatte sich zu dieser Strafe entschieden, nachdem Ralph Eberhard Brachthäuser, Pastor der Sterkrader Herz-Jesu-Gemeinde, seinen Dienst quittiert und ein Gesprächsangebot des Bischofs schlicht nicht wahrgenommen hatte. Der Bischof griff bei seiner Strafaktion auf den Codex Juris Canonici, den Codex des Kirchlichen Rechts zurück.
Die Kirche hat ein eigenes Rechtsbuch und eine eigene Gerichtsbarkeit. Stadtdechant Peter Fabritz, Pfarrer von Herz Jesu in Alt-Oberhausen, kennt sich damit aus. Er ist selbst Richter am Bischöflichen Offizialat, dem Gericht des Bischofs, das sich in erster Linie mit Ehenichtigkeitsverfahren befasst. Fabritz sagt: „Das Kirchenrecht ist das älteste abendländische Recht nach dem römischen und unser weltliches Recht ist davon abgeleitet.“
Ein Unterschied des Kirchenrechts zum weltlichen: „Menschen einsperren, ihnen die Bürgerrechte aberkennen, das kann die Kirche nicht. Wer getauft ist, der gehört dazu“, sagt Fabritz. „Die Suspendierung“, bezieht sich Fabritz auf den Fall Brachthäuser, sei eine Beugestrafe. Sie ziele darauf ab, Menschen zur Einsicht zu bringen. So hatte das Bistum auch mitgeteilt, Brachthäuser solle innerhalb der nächsten sechs Monate - so die Auflage des Bischofs - „sein Verhältnis zu der von ihm gewählten Lebensform als Priester im Bistum Essen klären und neu ordnen“. Danach müsse er sich dem Bischof gegenüber erklären, ob er bereit sei, seinen Verpflichtungen als Priester nachzukommen und Beauftragungen und Weisungen des Bischofs zu folgen.
Verstöße gegen Zölibat
Was kann nun zu einer Suspendierung führen? Eine Vernachlässigung der Aufgaben etwa. „Wenn ein Pfarrer einem kranken Gemeindemitglied die Heilige Kommunion nicht bringt, was seine Pflicht ist“, nennt Fabritz ein Beispiel. Die Verletzung der Residenzpflicht ist ein weiterer Aspekt. Fabritz: „Ein Pfarrer muss immer in der Nähe der Kirche wohnen.“ Ungehorsam gegenüber dem Bischof, dem Priester bei ihrer Weihe Gehorsam geschworen haben, Verstöße gegen den Zölibat können zur Suspendierung führen. Oder wenn jemand in seinen Predigten Dinge verkündet, die nicht im Einklang mit dem Glauben der katholischen Kirche stehen. Ein Pfarrer sollte also besser nicht Sonntag für Sonntag verkündigen: Jesus war nicht der Sohn Gottes, sondern nur ein einfacher Mensch.
Im Gegensatz zu Brachthäuser wurde der frühere Propst und Pfarrer der Großpfarrei St. Clemens in Sterkrade, Bernward Mezger, nie suspendiert. Er wurde beurlaubt, als gegen ihn plötzlich Vorwürfe laut wurden, im Internet nach homosexuellen Sexpartnern gesucht zu haben. „Eine Beurlaubung ist im Kirchenrecht nicht festgelegt, sie wird praktiziert, wenn der Tatbestand noch nicht klar ist“, verdeutlicht Fabritz.
Papst macht Gesetze
Die höchste Strafe des Kirchenrechts ist übrigens die Exkommunikation. Gläubige dürfen dann nicht mehr die Sakramente empfangen. Bei Klerikern bedeutet diese Strafe auch den Verlust sämtlicher Ämter und den Ausschluss aus dem Klerikerstamm. Auch die Exkommunikation ist eine Beugestrafe.
Sexueller Missbrauch wäre übrigens Grund für eine Exkommunikation. Und wie Fabritz erklärt ein Vergehen, dass eine Tatstrafe nach sich zieht, denn die katholische Kirche unterscheidet zwischen Tat- und Spruchstrafen. „Wenn ich einen Minderjährigen missbrauche, bin ich schon allein durch diese Tat exkommuniziert“, erklärt Fabritz. Natürlich muss zuvor ein weltliches Gericht die Schuld bestätigt haben. Bei der Spruchstrafe wird von einem kirchlichen Richter bzw. vom Bischof eine Strafe verhängt.
Sicher vor Strafe ist übrigens nur der Papst. „Er steht über dem Gesetz, er macht es“, sagt der Stadtdechant.