Oberhausen. .

Die Leben, die sie retten, sind meist nur wenige Stunden alt: Neugeborene, deren Mütter in Not geraten sind, Babys, deren Eltern sich der Kleinen nicht annehmen können. In Oberhausen konnten sich diese Frauen bisher an die Mitglieder des Vereins „Binsenkörbchen“ wenden.

Am Telefon berieten sie sie, standen im Kreißsaal zur Seite, wenn eine Schwangere ihr Kind anonym gebären und zur Adoption freigeben wollte, und verantworteten die einzige Babyklappe in der Stadt, an der Kinder unerkannt abgegeben werden können. Nach zehn Jahren löst sich der Verein im September auf. Seine Arbeit wird wohl das Jugendamt weiterführen.

Das Binsenkörbchen half in einer Grauzone, die die Stadt nicht abdecken kann: Weder die anonyme Geburt noch die Babyklappe sind bisher gesetzlich geregelt und deshalb nicht unumstritten. Ein landesübergreifender Gesetzesentwurf, auf den auch die Mitglieder des „Binsenkörbchens“ setzen, wurde Anfang 2000 abgelehnt; einen weiteren Vorstoß gab es vor zwei Jahren - bis dieser aber geprüft ist, bleibt diese ehrenamtliche Arbeit aber unersetzlich.

„Wir wollten immer nur einen Anstoß geben und hatten nie geplant, länger als fünf Jahre zu agieren“, sagt Noch-Vorstandsfrau Barbara Winter-Riesterer. Sie initiierte 2000 gemeinsam mit anderen Eltern des Kinderhauses „Die Arche“, eine Babyklappe am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO); ein Jahr später gründeten die Eltern den Verein „Binsenkörbchen“, um mit Krankenhaus, Jugendamt und Wohlfahrtsverbänden besser kooperieren zu können. Weiterer Partner im Boot: das St.-Clemens-Hospital, in dem Frauen in Not ihre Kinder auch anonym zur Welt bringen können. Bis 2010 wurden so 19 Kinder geboren, Tendenz: zunehmend.

Vier Kinder abgegeben

Doch die zwölf Mitglieder leisteten mehr: Sie berieten Schwangere in Not präventiv, vermittelten sie an andere Hilfsstellen, begleiteten sie aber auch im Kreißsaal und führten Gespräche am Wochenbett. Für vier Kinder, die von 2001 bis 2010 an der EKO-Babyklappe abgegeben wurden, hat das „Binsenkörbchen“ die Patenschaft übernommen - möglich machte das die finanzielle Unterstützung von Spendern. Hatte sich eine Mutter nach acht Wochen nicht gemeldet, wurde das Baby zur Adoption freigegeben.

Vorstandsarbeit kaum noch zu bewältigen

„Die Schicksale, die uns in den zehn Jahren begegneten, bewegten uns zutiefst“, sagt Winter-Riesterer. „Keiner dieser Frauen ist es leicht gefallen, ihr Kind abzugeben. Sie haben sich uns anvertraut. Wir sind selbst Mütter und arbeiten ehrenamtlich, das waren unsere Vorteile.“

Der Erfolg des Projekts hatte dennoch Schattenseiten: Neben Beruf und Familie war die Vorstandsarbeit bald kaum noch zu bewältigen. 2009 wollte sich der Verein deshalb schon einmal auflösen, der Caritasverband sprang in die Bresche und bezahlte für zwei Jahre eine Aushilfe, die den dreiköpfigen Vorstand entlasten sollte.

„Unsere Arbeit erfordert einen 100-prozentigen Einsatz, den können wir einfach nicht mehr erbringen“, sagt Winter-Riesterer. „Wir danken all unseren Partnern, Mitarbeitern, Spendern und den Oberhausenern, die uns unterstützt haben.“ Doch auch damit ließen sich manche Projekte nicht umsetzen, so etwa Informationsarbeit an Schulen oder Betreuungsangebote für die Mütter.

Dank an alle Unterstützer

Mit dem Jugendamt habe man stets eng zusammen gearbeitet, die Stadt überlegt nun, wie sie ohne das „Binsenkörbchen“ weiter machen kann: Die Babyklappe am EKO soll bestehen bleiben, auch beim St.-Clemens-Hospital bestätigt man, weiterhin Frauen die Möglichkeit geben zu wollen, anonym ihr Kind zur Welt bringen zu können. Bis September will das Jugendamt ein Konzept erarbeitet haben – Mitglieder des ehemaligen „Binsenkörbchens“ sollen darin weiterhin einen Platz bekommen. Die Internetseite des Vereins bleibt vorerst bestehen.