Oberhausen.

Oberhausens Autofahrer sind vorbildlich. Keiner düst zu schnell. Den Eindruck könnte man gewinnen, betrachtet man allein das Resultat einer Geschwindigkeitsmessung der Polizei an der Wörthstraße in Höhe des Kindergartens, zu der wir die Beamten begleiteten. Doch die Polizei relativiert: „Unsere Streifenwagen fallen ja wohl jedem auf“, lacht Jürgen Fix, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei.

Realistischer geht es an der Ulmenstraße in Lirich zu. Hier steht der Radarwagen der Stadt. Ein unauffälliger Pkw, dessen Kofferraum mit moderner Messtechnik und Kamera vollgestopft ist. Die beiden Mitarbeiter im Auto haben nach etwas mehr als einer Stunde eine DIN A 4-Liste mit Autonummern vollgeschrieben, deren Fahrer zu schnell durch die 30-er-Zone heizten. Ade, du schöne Mär vom idealen Oberhausener Autofahrer.

Mehr Bußgelder in Oberhausen als in Duisburg

Nach wie vor ist das Überschreiten erlaubter Höchstgeschwindigkeiten eine der häufigsten Unfallursachen. Was das bedeutet, erläutert Jürgen Fix: „Mit mehr als 35 Stundenkilometern trifft ein Auto, das 40 km/h fährt, auf ein Hindernis. Bei 50 km/h sind es 50 Stundenkilometer, bei 70 km/h liegt die Aufprallgeschwindigkeit bei knapp 59.“ Und so befürworten Polizei und Stadt gleichermaßen regelmäßige Geschwindigkeitsmessungen. Dieter Schäfer, Städt. Fachbereichsleiter Ordnungswidrigkeiten: „Das Hauptaugenmerk legen wir auf schutzwürdige Zonen an Schulen, Kindergärten, Spielplätzen oder Alteneinrichtungen.“

Im letzten Jahr wurden Bußgelder in Höhe von gut 3,2 Mio Euro verhängt - von Polizei und Stadt. Schäfer: „Wir haben keine gesonderten Zahlen für die Raser. Doch die Summe daraus dürfte bei zwei Mio. Euro liegen.“ Wesentlich dazu beigetragen hätten Messungen der Autobahnpolizei an einer Baustelle auf der A 42, bei der viele Raser erwischt wurden, so Schäfer. Das sei der Grund, warum in Oberhausen 2010 mehr Bußgelder zusammenkamen als in Duisburg (ca. 1,5 Mio Euro). Knapp 33.935 erlassene Bußgeldbescheide (Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten) und 1350 sonstige Bußgelder (u.a. mangelnde Hygiene im Restaurant) erbrachten die ca. 3,2 Mio Euro.

Fahrverbote tun richtig weh

Mehr als 16.000 Raser erwischte allein die Polizei 2010 durch Lasermessungen; über 100 Fahrverbote waren die Folge. Im Februar 2011 heizten rund 1000 Pkw-Lenker mit zu hohem Tempo durch die Stadt - erwischte Temposünder wohlgemerkt.

Die Mess-Geräte haben Stadt und Polizei aufeinander abgestimmt. So registriert das Radarmessgerät der Polizei auf der Wörthstraße ab 44 km/h. „Das beinhaltet die Toleranzgrenze“, sagt Jürgen Fix. Auch das städtische Gerät gibt ab 44 km/h „Alarm“. Empfindliche Strafen für Raser befürwortet Jürgen Fix ebenso wie Frank Wilhelm Motschull, Beigeordneter der Stadt für die Öffentliche Ordnung: „Vor allem Fahrverbote tun richtig weh.“

Städtische Mitarbeiter dürfen Raser nicht stoppen

Die Polizei setzt auf „Abschreckung“, wenn sie mit Streifenwagen, gelber Warnweste und Lasermessgerät ausrückt. Wird ein Raser erwischt, wird er gestoppt. „Manchmal wird man ganz schön beschimpft“, erzählt Polizeibeamtin Jennifer Smyra. Sie wundert sich, wie viele Autofahrer die Verantwortung für ihre Fahrweise nicht übernehmen: „Wir haben schon fast jede Ausrede gehört.“ Die ziehen aber nicht. Auch Taxi- oder Busfahrer werden zur Kasse gebeten, wenn sie sich nicht ans Tempolimit halten. Auf Unverständnis stößt bei den Polizisten, dass gerade vor Kitas und Schulen oft die Eltern die Raser sind.

Anders als die Polizei dürfen städtische Mitarbeiter Raser nicht stoppen. Und so wird der Verstoß dokumentiert, ein Foto angefertigt - und der Ertappte bekommt Post. „Nicht selten ist der Aufwand für ein Bußgeldverfahren erheblich“, erklärt Dieter Schäfer. Vor allem wenn es zu Gerichtsverhandlungen kommt, an denen Mitarbeiter der Stadt teilnehmen: „Das bindet Personal und kostet Geld.“ Dennoch: „Das System arbeitet insgesamt kostendeckend, aber die Stadt macht mit Bußgeldern kein Geschäft. Unserer Ansicht nach darf Wirtschaftlichkeit allein auch kein Kriterium sein. Wenn Radarkontrollen helfen, Unfallzahlen zu senken, sind sie es wert.“

Schnell teuer

Zu schnell durch die City? Das kann teuer werden. Der aktuelle Bußgeld-Katalog sieht beispielsweise vor, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von zehn km/h 15 Euro fällig werden. Ist man 20 Stundenkilometer zu schnell, muss man 35 Euro berappen. Wer 40 km/h zu schnell fährt, wird mit 160 Euro zur Kasse gebeten und bekommt drei Punkte in der Flensburger „Verkehrssünder-Kartei“. 680 Euro, vier Punkte und ein dreimonatiges Fahrverbot sind der Preis für mehr als 70 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung. All dies gilt für Verstöße innerhalb geschlossener Ortschaften. „Wenn man aber einen Pkw mit Hänger fährt, wird es viel teurer“, gibt Jürgen Fix von der Polizei Oberhausen zu bedenken.

Wer selbst ermitteln will, mit welcher Geschwindigkeit man - je nach Tempo - auf ein mögliches Hindernis aufprallt, findet im Internet ein entsprechendes Programm. Es handelt sich um eine Verkehrssicherheitsaktion des Innenministeriums Baden-Württemberg.