Oberhausen. . Wie auch in den letzten elf Jahren lädt das Oberhausener Netzwerk “Frauen und Gesundheit“ nach dem Weltfrauentag zu einer mehrwöchigen Veranstaltungsreihe. In diesem Jahr thematisiert sie Ursachen psychischer Erkrankungen von Frauen.

Der Fußboden ist von Blätterteigkrümeln eingedeckt. Hunderte Frauenschuhe schieben sie immer wieder mit sich, mal tropft zwischen die Schritte etwas Kaffee, mal treffen sich zwei Paar, die Hacken heben sich leicht vom Boden, wenn sich die Trägerinnen der Schuhe zur Begrüßung umarmen.

Es ist ein bittersüßer Sonntagmorgen in der Lichtburg: Knapp 70 Frauen sind gekommen, um bei Marmeladencroissants über weibliche Selbstzweifel und den Wert der Frau zu sprechen.

Veranstaltungsreihe hat Tradition

Seit elf Jahren lädt das Netzwerk "Frauen und Gesundheit", zu dem sich Beratungsstellen sechs verschiedener Träger in Oberhausen zusammengeschlossen haben, kurz nach dem Weltfrauentag zu einer mehrwöchigen Veranstaltungsreihe ein. Themen waren bisher meist Erkrankungen.

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„Diesmal beschäftigen wir uns mit psychischen Ursachen von Krankheiten und Lebenslagen, in denen sich Frauen befinden“, sagt Alice Hiltner-Gebauer von der Frauenberatung. In zwei Ausstellungen und vier Workshops geht es darum, wie Frauen ihr Selbstwertgefühl stärken können.

Frauen neigen zur Perfektion

„Frauen haben heute gleich mehrere Rollen inne. Wir sind Mütter und Ehefrauen, pflegen unsere Angehörigen und gehen einem Beruf nach“, sagt Tanja Nößler vom städtischen Bereich Gleichstellung. „Wir wollen alles perfekt machen, sind am Ende ausgepowert.“

Sabine Müller nickt. Die sportliche, strahlende Blondine, die am Fenster des Kinofoyers mit einer Freundin Cappuccino trinkt, heißt eigentlich anders: Ihren richtigen Namen will sie aber nicht sagen. Dafür erzählt die 46-Jährige von ihrem Alltag mit vier Kindern und Job. Seit drei Jahren arbeite sie wieder als Krankenschwester. „Mein Mann übernimmt Aufgaben im Haushalt, er sieht die Dinge aber oft viel lockerer als ich. Trotzdem klappt es. “

Frauen hingegen neigen dazu, alles perfekt machen zu wollen, meint ihre Freundin zwischen zwei Bissen Croissant. Fachfrau Nößler ergänzt: „Wir wollen Ansprüchen von außen gerecht werden, ohne dass wir uns dessen immer bewusst sind.“

Familie gehört für die meisten Frauen dazu

Für viele Frauen gehöre noch immer eine Familie dazu, ergänzt Dr. Christine Gathmann von der Beratungsstelle Pro Familia. „Schon bei der Berufswahl ist entscheidend, wie gut Job und Kinderwunsch miteinander vereinbar sind.“ Wenn es dann doch nicht klappt mit dem Nachwuchs - jede siebte Partnerschaft in Deutschland ist kinderlos - würden Frauen die Schuld bei sich suchen. „Frauen müssen ihren Wert erkennen. Nur so lernen sie, Nein zu sagen, sich nicht zu überlasten, zu erkennen, was sie wirklich leisten können und wollen.“

Dies müsse man in jungen Jahren aufbauen, meinen auch Müller und ihre Freundin. Sie loben ihre Kinder häufig, animieren sie etwa zu Sportarten, die den Kindern Spaß machen und in denen sie gut sind. Beide Frauen haben Töchter im pubertären Alter, beide werden hellhörig, als Hiltner-Gebrauer das Thema „Ess-Störung“ anspricht. „Wir haben da aktuell einen Fall in der Schule“, sagt Müller. „Seit kurzem isst meine Tochter abends auch kaum noch etwas, da macht man sich natürlich Gedanken.“ In der Jugendkirche Tabgha will das Netzwerk mit einer Ausstellung über Magersucht und Bulimie u.a. mit Zerrspiegeln aufrütteln und informieren.

Doch zuerst: eine Komödie, zu der das Netzwerk die knapp 70 Frauen nach ihrem Frühstück einlädt. Hiltner-Gebauer erklärt: „Wir wollen unsere Reihe zu diesem doch sehr schwierigen Thema mit Genuss und Vergnügen beginnen.“