Oberhausen. .

Die Gleichstellungsstelle in Oberhausen gibt es seit 25 Jahren. WAZ-Redakteurin Barbara Hoynacki sprach mit der Oberhausener Gleichstellungsbeauftragten Ingeburg Josting (59) darüber, was sich verändert hat und wo es noch Handlungsbedarf gibt.

Wer kann sich an die Gleichstellungsstelle wenden?

Josting: Das sind in erster Linie die Mitarbeiterinnen der Stadt, aber auch alle anderen Oberhausenerinnen. Viele, die dieses Angebot nutzen, wollen ihre Chancen für eine Bewerbung ausloten. Auch Mobbing ist immer wieder Thema. Inzwischen wenden sich aber auch Männer an uns, Berührungsängste bestehen da nicht mehr. Auch sie haben konkrete Anliegen zur Gleichstellung. Es haben sich aber auch schon Firmen an uns gewandt, die bei betriebsbedingten Kündigungen sicher gehen wollten, nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu verstoßen.

Worin besteht Ihre Hauptaufgabe?

Man könnte es mit „Knüpfen von Strukturen“ umschreiben. Als ich zum Beispiel vor 17 Jahren hier anfing, gab es in Oberhausen keine einzige Busfahrerin. Wir suchten und fanden Unterstützung bei der Politik. Insbesondere dank des Engagements des damaligen Oberbürgermeisters Friedhelm van den Mond (SPD) gelang es uns, in Oberhausen eine Umschulung für Berufskraftfahrerinnen — und das auch noch in Teilzeit — anzubieten. Heute gehören Busfahrerinnen längst zum Alltagsbild.

Während es Frauen bei der Feuerwehr noch immer schwer haben?

Diese Männerdomäne zu knacken, hat 13 Jahre gedauert. Am Anfang stand das Argument: Aber die müssen doch eine technische Ausbildung haben. So etwas konnten damals natürlich nicht viele junge Frauen vorweisen. Aber wir argumentierten, dass doch wohl auch eine Krankenpflegerin in der Lage sein sollte, sich zur Feuerwehrfrau ausbilden zu lassen. Als das geklärt war, ging es plötzlich um die sportlichen Anforderungen: Männer und Frauen sollten eine bestimmte Strecke in der gleichen Zeit zurücklegen. Das geht natürlich nicht. Wir setzten durch, dass die Richtwerte maßgeblich sind, die auch das Deutsche Sportabzeichen für Frauen vorgibt. Als letzter Hinderungsgrund wurde schließlich angeführt: Dann müssen wir umbauen, benötigen getrennte Toiletten, Duschen, Schlafräume, das sei viel zu teuer.


Also verliefen die Bemühungen zunächst im Sand?

Nein. Wir erhielten auch diesmal Hilfe von unseren Politikern. Im Rat wurde ein Grundsatzbeschluss gefasst, dass für diesen Umbau Mittel zur Verfügung gestellt werden (das war vor der heutigen Haushaltskonsolidierung). Am 1. April 2007 trat die erste Frau ihren Dienst bei der Berufsfeuerwehr in Oberhausen an. Heute arbeiten dort zwei Frauen, das ist nicht viel, aber ein Anfang. Diese beiden Beispiele zeigen, es ging uns um den Zugang zu Berufsabschlüssen – eine Ausgrenzung aufgrund des Geschlechts ist nicht akzeptabel.


Welche Möglichkeiten haben junge Frauen heute, die Sie vielleicht nicht hatten?

Einen eigenen Lebensentwurf verfolgen und umsetzen zu können, ist heute selbstverständlich geworden und allgemein akzeptierter. Die Rollenbilder haben sich verändert. Man muss sich vorstellen: Bis 1958 benötigten Ehefrauen noch die Erlaubnis ihres Mannes, wenn sie berufstätig sein wollten. Er konnte gegen ihren Willen das Arbeitsverhältnis kündigen und verfügte über das Gehalt seiner Frau. Heute ist es für Mädchen selbstverständlich, dass sie einen Beruf erlernen. Immer mehr üben diesen auch dann aus, wenn sie Kinder bekommen, d.h. die Kinderbetreuung heute ist eher an die Arbeitszeiten der Eltern angepasst. Das war in meiner Generation nicht selbstverständlich. Überhaupt haben wir hinsichtlich der rechtlichen Gleichstellung der Frauen viel erreicht. Die zahlreichen Gesetze erleichtern unsere Arbeit.

Welche wären das?

Etwa das Gewaltschutzgesetz, das Ehefrauen vor gewalttätigen Übergriffen ihres Partners schützt. Aber auch das Elterngeldgesetz, das es mehr Männern ermöglicht, in Elternzeit zu gehen. Konkret gestärkt hat unsere Arbeit das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Landesgleichstellungsgesetz.


In der Rückerinnerung: Erwerbstätigkeit/Qualifizierung von Frauen, welche Einrichtungen fallen Ihnen da vor Ort ein?

Eindeutig Frieda, die Fraueninitiative zur Einrichtung dauerhafter Arbeitsplätze. An der Ottilienstraße war ein Zentrum entstanden, in dem Umschulungen und Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen angeboten wurden. Wichtig war auch die Regionalstelle Frau und Beruf, die eine Mädchenberatung anbot, für Existenzgründerinnen Netzwerke aufbaute und Seminare anbot.

War?

Ja, denn diese hervorragend funktionierenden Strukturen brachen weg, als Frieda im Jahr 2000 und dann vor fünf Jahren auch noch die Regionalstelle ihre Arbeit einstellen mussten, weil die Landesmittel gestrichen wurden.

Ingeburg Josting wurde in Duisburg geboren — und lebt dort noch heute. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bevor sie am 1. März 1993 die Leitung der kommunalen Gleichstellungsstelle in Oberhausen übernahm, hatte sie bereits ein bewegtes Berufsleben hinter sich.

„Ursprünglich wollte ich mich zur Malerin und Lackiererin ausbilden lassen, doch das war damals nicht möglich“, erzählt Ingeburg Josting rückblickend. Also wählte sie einen klassischen Frauenberuf und wurde Kinderpflegerin.

Auf dem zweiten Bildungsweg machte sie ihr Abitur, studierte in Bielefeld Pädagogik, Psychologie, Soziologie.

Ihre erste Anstellung fand Ingeburg Josting als Sozialarbeiterin in einer Duisburger Jugendwerkstatt. Später unterrichtete sie bei der Westfälischen Bergwerkskasse in Bochum unter anderem Politik. Als Oberhausen eine Gleichstellungsbeauftragte suchte, war sie gleich „Feuer und Flamme“. Denn die unterschiedlichen Berufschancen und Lebensperspektiven für Männer und Frauen waren ihr längst ein Dorn im Auge. Wohl aus diesem Grund beschloss sie, auch als die zwei Töchter zur Welt kamen, stets berufstätig zu bleiben. „Mit überzeugter Unterstützung meines Mannes übrigens.“ Allerdings gegen den Widerstand der übrigen Familie: „Die anfangs wenig Verständnis zeigte, mich auch mal als Rabenmutter bezeichnete, später aber doch großartig bei der Betreuung der Kinder half.“