Oberhausen. Früh um fünf ist er noch in Dortmund gewesen, hat einen Mitbewohner abgeholt mit dem Auto. Jetzt lehnt Peter Waros an der Reling des Eventbootes von Ventelou und der Schauspieler empfindet es schon als Event, hier in der Marina Oberhausen an Bord eines Schiffes zu sein.
Obwohl es alles andere als wohlig warm ist an diesem Herbsttag und obwohl der Himmel droht, über sein raues Antlitz auch noch einige Tränen auf den Lieblingsort des Schauspielers Peter Waros herablaufen zu lassen. Den vielbeschäftigten Mimen aus dem Ensemble von Peter Carp ficht weder das wenig einladende Herbstambiente an noch der fehlende Schlaf, er lässt sich die Kanalluft um die Nase gehen, als käme sie als Gruß aus seiner nordostdeutschen Heimat eigens für ihn herangeweht.
Peter Waros wird am 6. Mai 1977 in Rostock geboren, sechs ist er, als die Familie nach Stralsund zieht: „Ich bin ein echtes Ostseekind.” Hier ist es wenigstens der Kanal, er kennt die Ventelous, vor allem Skipper Vincent, einen hier gestrandeten Franzosen aus der Normandie, den Waros vom Theater kennt. Vincent Ventelou ist nicht nur erfahrener Skipper und in Sterkrade verheiratet (Ehefrau Hella führt das umtriebige Bootsreisen-Unternehmen), er ist auch Technik-Freak und da oft in der b.a.r. des Theaters sozusagen freier Programm-Mitarbeiter. So kommt das Ostseekind aufs Wasser.
Keine Zulassung zur Prüfung wegen grober Faulheit
Bis es das des Rhein-Herne-Kanals ist, legt Peter Waros noch einige andere Etappen zurück. Drei Jahre ist er jung, als er das erste Mal auf der Bühne steht, die Waros sind eine Theaterfamilie. Die Eltern trennen sich irgendwann, der Vater geht nach Radebeul, die Mutter nach Dresden, der Sohn samt Schwester mit. 1983 ist das, Mutter Waros ist Maskenbildnerin an der Semperoper. Sohn Peter singt im Kinderchor, im Kreuzchor, dann im Knabenchor Dresden, auch in der Semperoper.
Die Schulzeit durchläuft er normal, absolviert nach dem Mauerfall die 10. Klasse, geht zur Fachoberschule und wird Ende der 12 „wegen grober Faulheit” nicht zur Prüfung zugelassen. Ein Jahr arbeitet er als Krankenpfleger, es gibt Diskrepanzen mit dem katholischen Haus. Praktisch kann man ihm nichts anhaben, die theoretischen Leistungen sind nicht genial. Aber Peter Waros meint, dass es wohl eher die Befürchtungen der Nonnen gewesen sind, er könne ihre Ruhe stören, die dazu beigetragen haben, dass er abgeschossen wird.
Mitte der Neunziger des letzten Jahrhunderts ist das und der Teenager ist erstmal ein Jahr arbeitslos. Er macht Statisterie an der Sächsischen Landesbühne, bewirbt sich an den Schauspielschulen seiner Heimatstadt und Leipzig - und wird abgelehnt.
Also leistet Peter Waros erst einmal seinen Zivildienst, um sich anschließend erneut zu bewerben. Jetzt kann er in Rostock landen und wäre eigentlich lieber nach Berlin gegangen. Der Vater ist in Rostock, die Oma dort Grundlagenlehrerin, eigentlich ist die ganze Familie an der Schauspielschule der Hansestadt und der familieneigene Schauspielnachwuchs wird doppelt so hart rangenommen, weil man sich nicht die Blöße geben will, das eigene Blut zu bevorzugen.
Bis 2004 studiert Pater Waros in Rostock, dann hört sich Peter Carp den Eleven an und holt ihn in sein Ensemble nach Luzern, das er als Schauspieldirektor leitet. Drei Jahre bleibt Waros an der Schweizer Bühne, 2008 kommt er mit Carp nach Oberhausen, das er gar nicht so negativ findet, s.u.
Bloody Fox vor 2000 Menschen
Ganz normale Menschen seien das hier, offen, „und man findet doch in jeder Stadt was Schönes. Wer an Oberhausen denkt, denkt nur an Industrie, dabei ist hier unglaublich viel Grün. Und in 20 Minuten ist man überall in der Region, an der Sechs-Seen-Platte, in Düsseldorf, in Essen. Dafür nimmt Peter Waros gern sein Motorrad oder den alten Audi 80, einen Oldtimer aus den 70-ern.
Ja, der Gasometer hätte auch sein Ort sein können, sagt der Hobby-Handwerker, der gerne am Kanal langläuft, weil er sich bewegen, sich immer erweitern will. Auch als Schauspieler: „Nein, eigentlich habe ich keine Lieblingsrolle. Ich will alles spielen, ich möchte aus jeder Rolle was machen können, herausfinden können, was es Gutes an den Böden gibt und umgekehrt.”
Den Bloody Fox hat er bei Karl May-Festpielen in Rathenau gespielt, es sei doch der Traum eines jeden Kindes, einmal auf der Bühne zu stehen und Cowboy und Indianer zu spielen. Der Herr über zwei Katzen, der gerne kocht und backt und sich auch als 32-Jähriger noch am massenweisen Zusammenbau von Überraschungseiern ergötzen kann („Aber ohne Anleitung”), fällt nicht gern in die Norm. Im Theater interessiert er sich für die anderen Abteilungen nicht weniger als für das Schauspielensemble. An der Deutschen Oper in Berlin, das findet er gut, gehöre der erste Applaus dem gesamten Team hinter der Bühne. Es ist wohl nicht übertriebene Bodenständigkeit, auf Normalo-Wirkung bedacht, Peter Waros interessiert sich für viel Theaterfernes, auch an Bord bei den Ventelous drehen sich die Gespräche meist nicht ums Theater.
In der nächsten Folge wird Martin Hohner vorgestellt.