Oberhausen. Menschen, die bei Banken arbeiten, kennen das Wirtschaftsgeschehen. Sie müssen auch unangenehme Wahrheiten für Mieter aussprechen.

  • Seit der Finanzkrise 2008 steigen die Mieten in den stark begehrten Metropolen Deutschlands
  • Auch in Oberhausen zogen die Kaltmieten an - um fünf Prozent
  • Ein großes Problem für Bauträger sind die extrem hohen Baukosten

Wer in einer Bank arbeitet, wird oft mit traurigen Wahrheiten konfrontiert. Das betrifft nicht nur einzelne Schicksale von Menschen, die plötzlich ihre Stromrechnung nicht bezahlen können, sondern auch Wirtschaftstrends, die unaufhörlich immer mehr Bürger immer stärker treffen.

Seit der Finanzkrise 2008 steigen die Mieten in den stark begehrten Metropolen Deutschlands; das Ruhrgebiet blieb davon lange Zeit verschont. Doch nun erleben Mieter auch hier, wie schwer es ist, eine geeignete und bezahlbare Unterkunft zu finden: Junge Paare werden Eltern und suchen vergeblich eine größere Wohnung; einer älteren Oberhausenerin wird wegen Eigenbedarfs der Hauseigentümer gekündigt und sie findet hier keine neue Wohnung mit verkraftbarer Miete mehr.

Starker Anstieg der Kaltmieten um fünf Prozent in Oberhausen

Auch das Ruhrgebiet spürt nun die Folgen, wenn eine Gesellschaft im Gegensatz zu allen Prognosen der Jahrtausendwende einen Bevölkerungszuwachs erfährt, zunehmend Einzelhaushalte aufweist und zugleich zu wenig in Neubauwohnungen investiert. So zogen die durchschnittlichen Kaltmieten je Quadratmeter bei Neuvermietungen in Oberhausen nach einer Aufstellung des Immobilien-Vermittlungsportals Immoweltum fünf Prozent innerhalb eines Jahres (2022 auf 2023) an - auf 6,86 Euro. Bei neu gebauten Mietwohnungen wie im Sterkrader City-Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück des früheren Kaiser & Ganz-Warenhauses ist man bereits bei 13 bis 14 Euro Kaltmiete je Quadratmeter angelangt.

Und dieser Trend wird sich nach Einschätzung der Oberhausener Sparkassen-Vorstände Oliver Mebus und Thomas Gäng weiter fortsetzen. Grund dafür ist der Doppelschlag aus sehr schnell gestiegenen Kreditzinsen und immer strengeren kostentreibenden Bauvorschriften für neue Ein- und Mehrfamilienhäuser. Diese unglückliche Kombination hat den Neubau fast zum Erliegen gebracht. „Bauträger vor Ort führen zwar ihre Bauprojekte noch zu Ende, gehen aber neue Projekte nicht mehr an“, sagt Mebus. „Sie packen Grundstücke an die Seite, um hier bei besserer Ausgangslage vielleicht in Zukunft zu investieren.“

Analysieren die Lage auf dem Oberhausener Immobilienmarkt: Thomas Gäng (li.) und Oliver Mebus, Vorstandschefs der Stadtsparkasse Oberhausen.
Analysieren die Lage auf dem Oberhausener Immobilienmarkt: Thomas Gäng (li.) und Oliver Mebus, Vorstandschefs der Stadtsparkasse Oberhausen. © Oberhausen | Lars Fröhlich

Das Hauptproblem für Bauträger, die am Markt natürlich Rendite erzielen wollen, sind nach Beobachtung der Sparkasse die so extrem gestiegenen Baukosten. „Die Investoren müssen in Oberhausen Mieten nehmen, die problematisch am Markt durchsetzbar sind“, meint Gäng. Die zuletzt im Schnitt wieder unter vier Prozent gesunkenen Baudarlehens-Zinsen gleichen jedenfalls den preissteigernden Effekt der hohen Baukosten nicht aus.

Dabei steckt das Ruhrgebiet durchaus in einer Zwickmühle: Zwar sind Revier-Baugrundstücke im Verhältnis zu Flächen in äußerst begehrten Großstädten wie Köln oder Düsseldorf noch günstiger zu haben. Doch die Baukosten sind ähnlich hoch: 12 bis 15 Euro je Quadratmeter für neu gebaute Mietwohnungen sind nach Branchenkennern notwendig, um die Kosten langfristig wieder hereinzuholen.

Während jedoch in den Boom-Städten Hamburg oder München Kaltmieten von weit über 20 Euro erzielbar sind, sieht das in Städten mit Menschen, die über wenig Kaufkraft verfügen, deutlich schlechter aus. Wenn überhaupt investiert wird, dann schielen Bauträger nur auf absolute Toplagen im Ruhrgebiet: Der gerade auch in schwächeren Stadtteilen notwendige Neubau und die notwendige Renovierung von Altbauten bleiben aus.

„Die Mieten werden bei uns weiter steigen“, prognostiziert deshalb Oliver Mebus. „Die Wohnungsnot ist in Teilen so groß, dass Vermieter die höheren Mieten am Markt durchdrücken können. Wir müssen uns insgesamt auf ein deutlich höheres Mietniveau einstellen. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, einen größeren Teil unseres Einkommens fürs Wohnen abzweigen zu müssen.“

Wir müssen uns insgesamt auf ein deutlich höheres Mietniveau einstellen.
Oliver Mebus - Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen

Da viele Beschäftigte höhere Mieten aber kaum stemmen können, reagieren Bauträger darauf - und bieten weniger große Wohnungen an. „Wenn neue Mehrfamilienhäuser gebaut werden, werden die Wohnungen kleiner. Sie sind nicht größer als 70 bis 80 Quadratmeter. Denn die Nachfrage hat sich bereits verschoben, weg von größeren Wohnungen hin zu kleineren, damit man sich die hohen Quadratmeter-Preise noch leisten kann.“ Und: Häuser werden nicht mehr schlüsselfertig dem neuen privaten Eigentümer übergeben, sondern dieser muss noch einiges selbst tun: Oberböden legen oder Wände anstreichen - um Kosten zu sparen.

Unabhängig von der Diskussion, wer sich überhaupt noch den Traum von Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Luxus-Appartements leisten kann, trifft die derzeitige Immobilienlage über kurz oder lang alle Mieter. „Wir bemerken, dass die Nachfrage nach Hauseigentum deutlich abgenommen hat“, erläutert Mebus. „Familien bleiben lieber noch in ihren Mietwohnungen. Aber wer nicht in ein Einfamilienhaus zieht, der macht auch keine Wohnung frei.“

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