Oberhausen. Bei der Stoag sind dauerhaft so viele Busfahrer erkrankt, dass nun ein Notfall-Fahrplan gilt. Da hat die Politik Fragen an den Stoag-Chef.
Die Politik im Stadtrat bestellt, der Nahverkehrsbetrieb Stoag, 100-prozentige Tochter der Stadt Oberhausen, liefert - und zwar das komplette über den Nahverkehrsplan vereinbarte Angebot. Das ist der Normalfall. Doch seit 21. Januar 2024 ist das nicht mehr der Fall, die Stoag hat mithilfe eines Notfahrplans die Zahl ihrer Busfahrten reduziert, in dem sie Buslinien einstellte. Nach Angaben der Stoag wurde das Angebot um fünf Prozent gekappt - immerhin weniger, als mit 7 bis 10 Prozent zunächst geplant.
Gleichwohl sind die betroffenen Fahrgäste mehr als verärgert, aber auch die Politik ist enttäuscht, empört, erbost und auch wütend - je nach Temperament der jeweiligen Fraktionsvorsitzenden. Dabei scheint der Grund auf den ersten Blick unabänderlich: Wer kann schon was gegen die vielen Erkrankungen von Busfahrerinnen und Busfahrern machen? 20 Prozent soll sie in der Spitze betragen, 14 Prozent Krankenstand ist als Stellenreserve eingeplant, alles andere ist der klammen Stadt Oberhausen viel zu teuer - der Zuschuss an die Stoag müsste erhöht werden.
Belastung durch hohe Überstundenzahl gefährdet ebenfalls die Gesundheit
Durch den hohen Krankenstand müssen andere Busfahrer Überstunden machen - diese Belastung ist auch nicht gerade gesundheitsfördernd. Gab es Managementfehler von dem langjährigen Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp? Ist zu wenig Personal eingestellt worden, obwohl man wusste, dass viele Busfahrer im Schnitt recht alt sind und bald in Rente gehen?
Die Politiker im Rat jedenfalls diskutieren darüber - noch nicht offiziell in den Gremien, aber untereinander. „Für viele Oberhausener ist der Notfall-Fahrplan eine ziemliche Belastung. Da fallen wichtige Linien zu Schulen aus und die Kinder können jetzt nicht mehr mit dem Bus dorthin fahren“, beobachtet die Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefanie Opitz. „Was machen Menschen, die sich kein Auto leisten können?“
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Unverständlich ist es für die Grünen-Politikerin, dass eine so einschneidende Entscheidung der Stoag nicht breit von der Politik diskutiert und beschlossen worden ist. „Bei einer so schwerwiegenden Maßnahme müssen wir künftig stärker eingebunden werden.“ Nach ihrer Ansicht hätte die Stoag-Spitze viel eher auf die hohen Krankenstände und die Probleme bei der Einstellung neuer Leute reagieren müssen.
Die SPD-Fraktion sieht die große Gefahr, dass der gesellschaftlich notwendige Wechsel vom motorisierten Individualverkehr zum ÖPNV wieder einmal ins Stocken gerät. „Hier hat die Geschäftsführung der Stoag eine hohe Verantwortung“, erklärt Ulrich Real, Mitglied der SPD im Aufsichtsrat der Stoag. „Auch wenn der Krankenstand laut Geschäftsführung im gesamten ÖPNV-Bereich zurzeit sehr hoch ist, darf das nicht als pauschale Rechtfertigung dienen. Vielmehr muss die Geschäftsführung aufzeigen, mit welchen Maßnahmen sie einem hohen Krankenstand begegnen will, um die Leistungsfähigkeit des Busangebotes zu erhalten.“
CDU: Immerhin hat die Stoag im vergangenen Jahr neue Busfahrer eingestellt
Als positiv bewertet Denis Osmann, Mobilitätsfachmann der CDU-Ratsfraktion und zugleich Vorsitzender des 15-köpfigen Stoag-Aufsichtsrates, dass die Geschäftsführung bereits im vergangenen Jahr weitere Busfahrer eingestellt hat. Allerdings vermuten SPD und CDU, dass der hohe Krankenstand auch Folge sein kann, dass das Betriebsklima beim Nahverkehrsbetreiber nicht funktioniert. Das müsse jetzt in Gesprächen mit dem Betriebsrat und der Geschäftsführung überprüft werden.
„Das ist überhaupt nicht in Ordnung, dass man eine Dienstleistung nicht erbringt, die bestellt worden ist. Das ist doch ohne sichtbare Not umgesetzt worden, es gibt ja keinen Schnee oder Streik“, meint Marc Hoff, Vorsitzender der FDP-Ratsgruppe. Er befürchtet, dass nun sogar vom Rat der Stadt beschlossene Vorhaben, die die Installation einer dauerhaften Buslinie zum RWO-Stadion anordnet, in Gefahr ist. Die Kommunikationspolitik der Stoag sei schlecht. „Kunden warten an den Haltestellen, sehen auf den Anzeigetafeln den Bus angekündigt - und dann verschwindet diese Anzeige plötzlich und der Bus kommt gar nicht. Das ist eine verheerende Informationslücke für Kunden, die sonst vielleicht eine andere Verbindung hätten nehmen können.“
Linken-Fraktionsvorsitzender Yusuf Karacelik wirft Stoag-Chef Werner Overkamp vor, nicht fachgerecht auf den Konkurrenzkampf der Verkehrsbetriebe untereinander reagiert zu haben. „Bei allen herrscht ein Mangel an Busfahrerinnen und Busfahrern“, erläutert Karacelik. „Da muss ich doch mein Unternehmen attraktiver machen, damit diese dahin kommen. Andere Verkehrsbetriebe gruppieren die Busfahrer in höhere Lohnklassen ein, haben bessere Arbeitsbedingungen.“ Die Stoag-Führung hätte es jedenfalls niemals so weit kommen lassen dürfen, dass nun sogar Notfall-Fahrpläne aufgelegt werden mussten.
Die Ratspolitiker sind sich in einem Punkt einig: Die Stoag muss alle Hebel in Bewegung setzen, dass der Ausfall der Buslinien im Notfall-Fahrplan so schnell wie möglich beendet wird.
Gegen die Kritik aus Teilen der Politik, sie sei vom Notfahrplan überrascht worden, wehrt sich die Stoag-Führung allerdings. „Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde und die Stadt Oberhausen als Aufgabenträger wurden informiert und der Fahrplan wurde im Vorfeld abgestimmt. Sämtliche Fristen wurden eingehalten“, schreibt Stoag-Sprecherin Sabine Müller. „Der Aufsichtsrat wurde regelmäßig, zuletzt in der Novembersitzung, über die Fahrtausfälle und die Maßnahmen der Stoag zur Reduzierung des Krankenstandes informiert.“ Und man habe auf die Personalengpässe schon vor längerer Zeit reagiert: „Seit August 2022 stellt die Stoag jeden Monat so viel Mitarbeitende wie möglich im Fahrdienst ein, um die altersbedingte Fluktuation und den hohen Krankenstand zu kompensieren.“