Oberhausen. „Geht es Ihnen gut?“ Wer diese Frage am Telefon mit „Ja“ beantwortet, könnte schon auf dreiste Betrüger hereingefallen sein. Das raten Experten.
- Eine Frau in Oberhausen bekommt einen Anruf einer angeblichen „Energiesicherungsagentur“. Eine eigentlich unverfängliche Frage beantwortet die Frau mit „Ja“.
- Dadurch kann sie schon auf dreiste Betrüger hereingefallen sein, die im Extremfall das aufgezeichnete „Ja“ aus der Aufnahme herausschneiden und an anderer Stelle wieder einsetzen, etwa nach einem fingierten „Möchten Sie das Abo abschließen?“
- Verbraucherschützer raten: Kommen nach einem solchen Anruf Rechnungen per Post, nicht bezahlen und sich auf jeden Fall dagegen wehren!
Eine nette Begrüßung am Telefon, eine unverfängliche Frage, die der Angerufene mit „Ja“ beantwortet – und schon hat man ohne es zu wollen einen angeblichen Handyvertrag abgeschlossen oder ein Zeitschriften-Abo bestellt. Dahinter steckt eine spezielle Betrugsmasche, mit der Kriminelle derzeit auch wieder in Oberhausen versuchen, Menschen in die Falle zu locken.
So berichtet eine Oberhausenerin, die ihren Namen ungern öffentlich lesen möchte, einen Anruf von einer „Energiesicherungsagentur“ erhalten zu haben. So habe sie es zumindest verstanden. „Wir haben noch nicht miteinander telefoniert, ist das richtig?“, hat der Mann am anderen Ende der Leitung gefragt. Die Frau antwortet wahrheitsgemäß mit „Ja“. Und denkt sich erst einmal nichts Böses. >>> Auch interessant: Oberhausener Verbraucherberatung warnt vor „Telecom“
Abzocke am Telefon: Sorgen bei Betroffenen ist groß
Doch im Verlauf des nur kurzen Gespräches wird sie skeptisch. Angeblich geht es um die Versorgungssicherheit in Deutschland und die Frage, ob es in Oberhausen in jüngster Zeit zu Störungen gekommen sei. Nach dieser kurzen Erklärung heißt es dann wieder: „Wir haben noch nicht miteinander telefoniert, ist das richtig?“ Tonfall, Sprech-Rhythmus, Betonungen – alles hört sich verdächtig identisch zur ersten Frage an. „Doch so schnell kann man ja gar nicht reagieren“, sagt die Oberhausenerin. Sie sagt erneut „Ja“ – und will dann nachfragen, worum es überhaupt geht. Doch das Gespräch reißt ab. >>> Zum Thema: Energieanbieter locken Oberhausener mit unseriösen Angeboten
Nun ist die Sorge groß, auf Betrüger hereingefallen zu sein. Und möglich ist es tatsächlich. Denn die Masche ist nicht neu, Verbraucherschützer kennen solche Betrugsversuche bereits. „Wir haben seit längerer Zeit mit solchen Maschen zu tun, immer wieder mit anderen Aufhängern“, bestätigt Angelika Wösthoff auf Nachfrage. Der Leiterin der Oberhausener Beratungsstelle der Verbraucherzentrale ist der Vorwand der angeblichen Energieüberwachung zwar neu, „aber auch das wird wieder eine Betrugsmasche sein.“ Sie kann nur davor warnen, am Telefon vorschnell „Ja“ zu sagen. Betroffenen waren nach solchen Anrufen nämlich plötzlich Rechnungen ins Haus geflattert. Die entsprechenden Verträge, so hieß es dann, hätten sie doch telefonisch abgeschlossen. >>> Lesen Sie auch: Oberhausen: Immer mehr Fälle von Abzocke treffen Verbraucher
So dreist verhalten sich Telefon-Betrüger
Die Verbraucherzentrale kennt bundesweit sogar ganz extreme Fälle, in denen die Betrüger das „Ja“ aus der Telefonaufzeichnung herausgeschnitten und hinter die Frage, ob man denn das Abo abschließen möchte, wieder eingefügt haben. „Dabei hat es tatsächlich nie einen Vertragsabschluss gegeben“, informiert die Verbraucherzentrale. >>> Auch interessant: So kann man im Internet surfen, ohne alles preiszugeben
Aus diesem Grund – und das ist die gute Nachricht – müssen die Betroffenen die Rechnung auch nicht bezahlen. Aufwand kommt dennoch auf sie zu. Denn einfach ignorieren sollte man die ärgerliche Post auch nicht. Sollte der Oberhausenerin also in den kommenden Tagen eine Rechnung zugestellt werden, muss sie sich dagegen wehren. Die Verbraucherzentrale stellt dafür Musterbriefe kostenlos zur Verfügung, sie sind auf der Internet-Seite www.verbraucherzentrale.de zu finden. >>> Lesen Sie auch: Weltverbrauchertag 2023: Dringende Warnung vor Kreditfallen
Am Telefon abgezockt? Die Verbraucherzentrale hilft
Die Oberhausenerin sollte sich nicht grämen oder die Schuld gar bei sich suchen. Denn ein „Ja“ am Telefon zu vermeiden, wäre zwar konsequent, um sich vor Betrügern zu schützen. „Aber kaum realistisch“, wissen die Experten. Dennoch haben sie Tipps: Fragen wie „Hören Sie mich?“ sollten mit „Ich höre Sie“ beantwortet werden. Die Betroffenen sollten zudem mit bestimmtem Ton sagen, dass sie kein Interesse haben und im Zweifel einfach auflegen. >>> Tipps der Verbraucherzentrale: Photovoltaikanlagen: Diese vier Fehler sollte man vermeiden
Ist das Kind in den Brunnen gefallen, sollten sich Betroffene Namen und Unternehmen (wenn denn genannt) sowie Datum, Uhrzeit und Rufnummer notieren. Auch Gesprächsnotizen können helfen, den Fall später aufzuklären. Handelt es sich tatsächlich um einen Betrug oder einen Betrugsversuch, können sich die Opfer mit diesen Daten an die Verbraucherzentrale oder die Bundesnetzagentur wenden.
In diesen Fällen reicht ein „Ja“ nicht aus
Der Gesetzgeber hat auf gewisse Betrugsmaschen bereits reagiert und schreibt bei vielen Verträgen mit Laufzeit vor, dass diese erst mit der Zustimmung zu einer schriftlichen Zusammenfassung beginnen dürfen. Ein einfaches „Ja“ am Telefon reicht also nicht (mehr) aus.
Das betrifft viele Energielieferverträge (wie Strom und Gas), Verträge über Internet-, Telefon- und Mobilfunkanschlüsse, Verträge über die Teilnahme an Gewinnspielen, Verträge mit Lotterien. (Quelle: verbraucherzentrale.de)
Haben die Betroffenen sogar Bankdaten oder Kreditkarten-Nummern genannt, sollten sie unbedingt den Kontostand im Auge behalten. Kommt es zu Abbuchungen, die man nicht zuordnen kann, wenden sich die Betroffenen schnellstmöglich an ihre Bank oder Sparkasse.
Auch die Oberhausener Beratungsstelle der Verbraucherzentrale ist Anlaufstelle für Betroffene. Sie ist im Bert-Brecht-Haus an der Paul-Reusch-Straße 34 zu finden. Öffnungszeiten: montags von 9 bis 15 Uhr, dienstags geschlossen, mittwochs und donnerstags von 9 bis 14 Uhr sowie von 15 bis 18 Uhr, freitags von 9 bis 15 Uhr. Weitere Infos: verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/oberhausen.