Oberhausen. Für das Feuchtbiotop mit Aussichtsplattform in Alstaden mussten Tausende Bäume gefällt werden. Das sagen Anwohnerinnen und Anwohner.
Tausende Bäume mussten weichen, der Kahlschlag im Feuchtbiotop„Halde Alstaden“ in Oberhausen war gewaltig. Doch hat sich die Freilegung der Wasserflächen tatsächlich gelohnt? Es scheint so, denn die ersten seltenen Vögel, die offene Landschaften und Wasserflächen als Lebensräume benötigen, sind zurückgekehrt und bauen bereits in der Idylle nahe dem Ruhrdeich ihre Nester. Doch Anwohnerinnen und Anwohner sind nicht nur begeistert.
Andrea Kurzidem wohnt in der Nachbarschaft. Die 58-Jährige arbeitet regelmäßig im Homeoffice und nutzt die grüne Oase gerne für einen Spaziergang in ihrer Mittagspause. Als die Abholzungen im Oktober 2022 starteten, war sie geschockt. „Wir hatten uns an diese artenreiche Wildnis, die im Laufe der Jahre entstanden war, gewöhnt.“ Denn um das Gelände wieder in ein funktionierendes Feuchtbiotop verwandeln zu können, hatten die Bagger ganze Arbeit leisten müssen: Auf insgesamt 50.000 Quadratmetern fielen Baum um Baum, Strauch um Strauch. „Dabei blieben aber Bereiche wie Horstbäume mit einer Schutzzone ebenso erhalten wie die Gehölze am Rande des Feuchtbiotops“, erläutert Stadtsprecher Frank Helling.
Viele Anwohnerinnen und Anwohner konnte das nicht trösten. Angesichts des Kahlschlags formierte sich Widerstand. Die Stadt reagierte mit unzähligen Aufklärungsrunden, bezog dabei die örtlichen Naturschutzvereine ein. Mit Erfolg. Auch Andrea Kurzidem hat jeden Baufortschritt genau beobachtet. Inzwischen sagt sie: „Ich liebe es!“
Aussichtsplattform am Feuchtbiotop in Oberhausen ist fertiggestellt
Tatsächlich nimmt Oberhausens Zukunftsvision in Alstaden langsam Gestalt an: Größere und kleinere miteinander verbundene Wasserflächen schlängeln sich über 16.000 Quadratmeter. „Da diese Teiche sowohl durch Niederschlagswasser als auch durch den Anstieg des Grundwasserspiegels gespeist werden, lässt sich ihre Anzahl nicht genau bestimmen“, sagt Stadtsprecher Helling. Gerade diese wechselnden Wasserstände aber machten das Biotop für geschützte Tierarten wie den Eisvogel oder die Uferschwalbe erst interessant. Von der Besucherplattform aus sollen Spaziergänger und Radler die Tiere ab Anfang Juni dann auch endlich ausgiebig beobachten können.
Die Aussichtsebene selbst ist bereits fertiggestellt. Doch noch verhindert ein Absperrgitter das Betreten des stählernen Stegs. Eine überdimensionale Libelle weist als Skulptur auf den künftigen Artenreichtum des Naturschutzgebietes hin. Das Eichenholzgeländer und der hölzerne Sichtschutz wirken einladend. Informationstafeln rund um das Biotop klären schon heute über seine künftigen Bewohner auf.
Heribert Krups (68) und sein Hund Rollo (7) legen eine kurze Rast ein. Der Oberhausener lebt seit 35 Jahren am Feuchtbiotop in Alstaden. „Meine beiden Töchter und mein Sohn sind hier groß geworden.“ In den ersten Jahren liefen die Kinder auf den zugefrorenen Teichen noch Schlittschuh. Im Laufe der Zeit verdrängte der Wildwuchs das Wasser. „Für die Kinder blieb das immer ein toller Abenteuerspielplatz“, erinnert sich Krups. Dass das Biotop nun durch einen Zaun abgesperrt wird, hält er für unnötig. „Wir befinden uns in einem Naturschutzgebiet, hier herrscht eh Leinenzwang.“ Die Wahl der Absperrung stößt Krups außerdem sauer auf: „In diesem viel zu großen Maschendraht-Geflecht haben sich schon die Schwäne verfangen!“ Tierschutz sehe anders aus. Auch die durch die Rodungsarbeiten entstandenen Schäden an den Rad- und Gehwegen seien monatelang eine Herausforderung gewesen. „Die Wege waren zum Teil erheblich beschädigt worden und lange Zeit kaum noch nutzbar.“ Aber das ist nun Vergangenheit. Die Renaturierung des Feuchtbiotops selbst hält Krups trotzdem für eine gelungene Sache. „Alle in unserer Familie freuen sich schon auf die Eisvögel.“
Hunde stürzten sich zum Jagen in die Teiche am Ruhrdeich
Michael Hillemann (37) der mit seinem Vierbeiner Bongo (8) gerade an der Besucherplattform vorbeispaziert, hält die Absperrung für dringend nötig. „Ich habe schon selbst erlebt, dass Hundebesitzer ihre Tiere hier auf dem Weg frei laufen ließen und diese sich dann zum Jagen sofort in die Teiche stürzten.“ Hillemann ist mindestens zweimal in der Woche im Ruhrpark in Alstaden unterwegs.
„Das ist eine herrliche Anlage geworden“, schwärmt er über das Feuchtbiotop. Wer nicht abwarten will, bis Eisvogel und Co. auch in Oberhausen wieder heimisch geworden sind, kann sich übrigens schon jetzt im Raffelbergpark in Mülheim auf kommende Aussichten einstimmen. „Das ist ein echter Geheimtipp ganz in der Nähe, denn viele Leute wissen noch gar nicht, dass es dort ebenfalls schon wieder brütende Eisvögel gibt“, verrät Hillemann augenzwinkernd.
Die Arbeiten an dem Feuchtbiotop in Oberhausen sind inzwischen fast abgeschlossen. Aktuell müssen nur noch die letzten Zaunelemente befestigt werden. „Dieser Zaun wird zwar auch mit Toren versehen, die werden allerdings nur zu Zwecken der Zufahrt für Pflegefahrzeuge geöffnet“, führt Helling aus. Dem Einzug der gefiederten Bewohner steht also nichts mehr im Wege.
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