Oberhausen. Baumschutz und Baumschutzsatzung – Themen, die Ende 2021 in Oberhausen für viel Wirbel sorgten. Wie sieht die aktuelle Lage dazu aus?

Es kommt wohl nur äußerst selten vor, dass sich eine Ex-Umweltministerin konkret zu einer lokalen Baumschutzsatzung äußert. Im November 2021 war es in Oberhausen so weit: Ex-NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) ließ in einem Gastbeitrag dieser Redaktion kein gutes Haar an der Reform der Baumschutzsatzung, die damals heftig diskutiert wurde, dann aber doch im Januar 2022 mit deutlich reduzierter Schutzwirkung in Kraft getreten ist. Nun liegt dem Umweltausschuss erstmals eine Bilanz dazu vor.

Seit der Reform der Baumschutzsatzung darf zum Beispiel jeder Baum gefällt werden, der im Umkreis von drei Metern oder weniger zu einem genehmigten Wohn- oder Gewerbegebäude steht – selbst, wenn er noch kerngesund ist. Diese neue, seit Anfang 2022 gültige Regel soll Bürokratie abbauen und für Grundstücksbesitzer Erleichterungen bringen.

Nicht weiter unter Schutz stehen seitdem Birken, Pappeln und Nadelbäume (mit Ausnahme von Eiben und Ginkgos), Obstbäume (mit Ausnahme von Walnussbäumen und Esskastanien) sowie abgestorbene Bäume und Gefahrenbäume. Ersatzpflanzungen bzw. Ausgleichszahlungen sind im Falle gesunder Bäume, die gefällt werden, vorgesehen.

Insgesamt sind im Jahr 2022 für 619 Bäume Fällungen beantragt worden

Hat die neue Baumschutzsatzung zu einem Kahlschlag geführt? Dazu liegt nun dem Umweltausschuss ein Bericht der Verwaltung vor. Insgesamt sind im Jahr 2022 für 619 Bäume Fällungen und für 63 Bäume ein Rückschnitt beantragt worden. Nach fachlicher und rechtlicher Prüfung der Anträge seien für 269 Bäume Fällgenehmigungen und für elf Bäume die Erlaubnis zum Rückschnitt ausgestellt worden, heißt es. Häufige Gründe für die Genehmigung einer Fällung sind Bauprojekte oder auch eine Krankheit oder Schädigung des jeweiligen Baumes.

Bärbel Höhn, Oberhausener Grünen-Politikerin und ehemalige Umweltministerin in NRW
Bärbel Höhn, Oberhausener Grünen-Politikerin und ehemalige Umweltministerin in NRW © Die Grünen | Torsten Stecher

Besonders bemerkenswert: Von den insgesamt 619 zur Fällung beantragten Bäumen waren immerhin 309 Bäume, also 50 Prozent, nicht mehr durch die reformierte Baumschutzsatzung geschützt, so dass keine Genehmigung erforderlich gewesen sei, wie die Verwaltung betont. Somit sei im Jahr 2022 eine Gesamtzahl von 578 Bäumen gefällt worden – 309 ohne Genehmigung plus 269 mit der nach der Prüfung im Rathaus entsprechend erteilten Erlaubnis. Diese Zahl gilt allerdings nur, „sofern die Eigentümer alle Fällungen umgesetzt haben“, wie die Verwaltung ergänzend erklärt.

Im Jahr 2022 nur zwei Ordnungswidrigkeitenverfahren in Oberhausen eingeleitet

Beachten die Oberhausener die Baumschutzsatzung oder setzen sie darauf, ohne Antrag im privaten Garten- und Grünbereich einfach zur Kettensäge zu greifen? Auch darauf gibt die aktuelle Verwaltungsvorlage eine – ziemlich verblüffende – Antwort: Wegen eines Verstoßes gegen die Baumschutzsatzung sind im gesamten Jahr 2022 nur zwei Ordnungswidrigkeitenverfahren in Oberhausen eingeleitet worden. Entweder gibt es fast nur brave Baumbesitzer, die alle Vorschriften strikt beachten, oder viele illegale Fällungen im privaten Umfeld bleiben schlicht unentdeckt.

Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn sah diese Problematik im November 2021 so: „Der Schutz der Erde fängt vor unserer eigenen Haustür an. Wenn der letzte Baum gefällt ist, werdet ihr merken, dass Beton nicht vor der Hitze der Klimakrise schützt.“