Oberhausen. Mag sich die Klimakrise im dichtbesiedelten Oberhausen auch zuspitzen: Im Stadtgebiet werden immer mehr Bäume gefällt - auch von Privatleuten.
Immer mehr gesunde Bäume für zwei Schulbauten in Alt-Oberhausen zu fällen, das hat jüngst in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen für Zündstoff gesorgt. Dort erklärten die Grünen, ihr Vertrauen in die neuen Service-Betriebe Oberhausen (SBO) sei erschüttert. Zumal die Abgänge an kranken, umsturzgefährdeten und abgestorbenen Bäumen auf städtischen Flächen weiterhin hoch sind. Auch deutet alles darauf hin, dass die vor einem Jahr gelockerten Regeln für private Fällungen ebenfalls folgenreich sind.
Allerdings regte es in Alt-Oberhausen nur SPD, Grüne, Linke sowie die Wählergruppe BOB auf, dass für den Anbau an der Astrid-Lindgren-Schule im Schladviertel und für den Neubau der Gesamtschule im Knappenviertel scheibchenweise immer mehr gesunde Bäume beseitigt werden müssen.
Das Ausheben der Baugrube nicht berücksichtigt
„Wir fühlen uns veräppelt“, erklärte Christiane Gerster-Schmidt (SPD) zur Astrid-Lindgren-Schule. Dort sollten für den Neubau des Trakts für den Offenen Ganztagsbetrieb laut ursprünglichem Bauantrag zehn Bäume fallen. Dann legten die Beamten aus dem Rathaus nach: Für das Ausheben der Baugrube müssten weitere sechs Bäume weg. Das beauftragte Planungsbüro BST aus Osterfeld, so hieß es, habe das Ausheben der Baugrube nicht berücksichtigt. Weil aber, wie die Beamten erklärten, die Bezirksvertreter die zusätzlichen Fällungen nicht verhindern könnten, stimmte ihnen dann auch die SPD zu.
Auch im Fall der ehemaligen Hauptschule St. Michael im Knappenviertel wollte kein Bezirksvertreter als Bremser beim Neubau der Gesamtschule gelten. Aber Marga Dresen (Grüne) sprach den SBO, der Nachfolgerin des Oberhausener Gebäudemanagements (OGM), das Misstrauen aus. „Da wird nicht sauber gearbeitet.“ Nur für den Abriss der alten Gebäude sollen 24 gesunde Bäume geschlagen werden.
Baumschutz für obersten Umweltschützer "nebensächlich"
Es war das dritte Mal, dass die Baumkommission der Bezirksvertretung, je eine Vertreterin oder ein Vertreter jeder Partei, ins Knappenviertel gebeten wurde, um für weitere Fällungen grünes Licht zu geben. Die Beamten belegten die Notwendigkeit diesmal mit einem Gutachten. Danach könne sonst an der Baustellengrube nicht für die Sicherheit der Bauarbeiter garantiert werden.
Nicht nur Peter Bruckhoff (BOB) wunderte sich, dass der größtmögliche Schutz vorhandener Bäume in Zeiten des Klimawandels nicht schon beim vorangegangenen Architektenwettbewerb für die neue Gesamtschule Thema gewesen ist. Dazu erklärte Chef-Stadtplaner Thomas Palotz, gemessen am Umfang dieses Neubauprojekts von 85 Millionen Euro seien das Nebensächlichkeiten. CDU, AfD und FDP schwiegen zu dem Thema. Die Fällungen wurden genehmigt.
99 Straßenbäume abgestorben oder irreparabel geschädigt
Dabei hat schon der Klimawandel zur Folge, dass insgesamt 99 Bäume an Straßenrändern, auf Schulhöfen oder in Parks gefällt werden müssen. Sie waren zur Jahreswende abgestorben oder irreparabel geschädigt. In Osterfeld sind 19 Bäume betroffen, darunter drei Ahorne, eine Birke und eine Schwedische Mehlbeere an der Dorstener Straße. In Sterkrade geht es um 58 Bäume, unter ihnen sechs Weißdorne an der Tackenbergstraße. Alt-Oberhausen ist mit 22 Bäumen betroffen, unter anderem vier Robinien an der Elsa-Brändström-Straße.
Allerdings waren es vor einem Jahr um diese Zeit sogar 146 Abgänge, die vermeldet wurden. Vor zehn Jahren dagegen, zur Jahreswende 2012/13, hat es nur 49 Abgänge bei Bäumen gegeben. Keiner davon wurde mit den Folgen des Klimawandels begründet, also mit längerer Hitze und wenig Regen.
251 gefällte Privatbäume waren nicht mehr geschützt
In ihren Bedenken gegen die neuen Regeln für private Baumfällungen fühlten sich die Grünen bestätigt. Erstmals wurden Zahlen vorgelegt, welche Folgen es hat, dass im Rathaus Anfang 2022 gegen ihr Votum neue Bestimmungen dafür festgelegt wurden. Von insgesamt 619 Fällungen, die im vergangenen Jahr beantragt wurden, durften allein 251 ausgeführt werden, weil die Bäume nicht mehr unter Schutz standen.
Denn nach der geänderten Baumschutzsatzung sind Birken nicht mehr länger schützenswert, ebenso nicht mehr Pappeln und Nadelbäume (abgesehen von Eiben und Ginkgos). Unabhängig von Größe und Zustand darf jeder Baum, der höchstens drei Meter von einem Gebäude entfernt steht, ohne Antrag gefällt werden. Fällungen von abgestorbenen Bäumen müssen ebenfalls nicht mehr beantragt werden. Im Gegenzug wurden aber die Gebühren für Ersatzpflanzungen in etwa verdoppelt, wenn das Rathaus diese übernehmen soll.